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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art15 Abs6Leitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit des umfassenden Werbeverbotes im Oö KAG wegen Verletzung der Anpassungspflicht des Ausführungsgesetzgebers nach Änderung des Grundsatzgesetzes und wegen Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit infolge unzureichender Berücksichtigung der Interessen der Patienten an InformationenRechtssatz
Aus dem Wortlaut des §16 Oö KAG ist nicht zwingend abzuleiten, daß sich das Werbeverbot nur an die Rechtsträger von Krankenanstalten richtet. Es ist daher nicht denkunmöglich, daß die antragstellenden Gerichtshöfe die angefochtene Bestimmung anzuwenden hätten, sowie ferner, daß die zu beurteilenden Maßnahmen (Veröffentlichung von Broschüren, Mitteilungen, etc.) als Werbung für Krankenanstalten im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind.
Die Verletzung der in Art15 Abs6 B-VG normierten Anpassungspflicht des Ausführungsgesetzgebers führt zur Verfassungswidrigkeit jener Ausführungsregelungen, die in Widerspruch zur (geänderten) grundsatzgesetzlichen Rechtslage stehen (vgl auch G38/97, E v 07.10.98).
§16 Oö KAG 1976, LGBl 10/1976, war verfassungswidrig.
Die Ausführungsbestimmung des §16 Oö KAG, die - entsprechend der bis zur Novelle BGBl. 801/1993 geltenden Stammfassung des §13 (Bundes)-KAG - ein umfassendes Verbot von Werbung für Behandlungsmethoden, Arzneimittel oder Heilbehelfe in Krankenanstalten enthielt, stand im offenkundigen Widerspruch zur Neufassung des §13 (Bundes)-KAG, worin das umfassende Werbeverbot durch das Verbot, unsachliche oder unwahre Informationen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Krankenanstalt zu geben, ersetzt wurde. §16 Oö KAG blieb auch nach Ablauf der einjährigen Anpassungsfrist unverändert und wurde schon deshalb mit Ablauf dieser Anpassungsfrist am 26.11.94 verfassungswidrig.
§16 Oö KAG war aber auch wegen eines Verstoßes gegen Art10 EMRK verfassungswidrig.
Die im Erkenntnis VfSlg. 13554/1993 (betreffend das ausnahmslose Werbeverbot für Ärzte) hervorgehobenen Gesichtspunkte der unzureichend berücksichtigten Interessen der Patienten an nützlichen und sachlichen Informationen, sowie der offenbar überschießenden Tendenz des Werbeverbotes vor dem Hintergrund der (zulässigerweise) intendierten Gesetzeszwecke gelten hier in ganz gleicher Weise.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Krankenanstalten, Anpassungspflicht, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, MeinungsäußerungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G11.1997Dokumentnummer
JFR_10018993_97G00011_01