RS Vfgh 1998/10/13 B2065/97

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Veröffentlicht am 13.10.1998
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplanänderung der Gd Hofgastein vom 14.12.95
VfGG §19 Abs4
VfGG §88
Sbg RaumOG 1992 §2
Sbg RaumOG 1992 §21
Sbg RaumOG 1992 §23

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung für die Errichtung eines Seniorenwohnheims; ausreichende Kundmachung; sachlich gerechtfertigter Abwägungsprozeß hinsichtlich der Widmungsänderung und sachliche Auswahl der Parzelle; keine Überschreitung des Planungsermessens; sorgsame Berücksichtigung auch ökologischer Aspekte

Rechtssatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung der Gd Hofgastein vom 14.12.95. Ausreichende Kundmachung. Geltung des in §21 Abs1 bis Abs4 Sbg RaumOG 1992 vorgeschriebenen Verfahrens nur für die Änderung bestehender Widmungen.

Mit der geänderten Widmungskategorie war keine Änderung der Planungsabsicht verbunden, sodaß von einer grundlegenden Änderung des beschlossenen Planes gegenüber dem ursprünglich aufgelegten Entwurf nicht die Rede sein kann (vgl VfSlg 8697/1979).

Anschlag der Änderungsabsicht an der Amtstafel nicht vorgesehen.

Die Kundmachung der beabsichtigten Änderung eines Flächenwidmungsplanes gemäß §21 Abs1 Sbg RaumOG 1992 dient dazu, der Gemeinde Informationen über beabsichtigte bauliche Nutzungen oder Anregungen zur Erstellung des Entwurfes des geänderten Flächenwidmungsplanes zu verschaffen. Die von der Gemeinde gewählte Vorgangsweise bei der Kundmachung der Änderungsabsicht ermöglichte es etwaigen Interessenten, der Gemeinde die entsprechenden Informationen und Anregungen zu geben.

Dieser Beschluß der Gemeindevertretung vom 30.03.95 hinsichtlich einer Teilabänderung entfaltete weder eine Bindungswirkung für die nach dem Planauflageverfahren zu treffende Entscheidung über die Änderung des Flächenwidmungsplans, noch hinderte er die Interessenten, Anregungen im Verfahrensschritt gemäß §21 Abs1 Sbg RaumOG 1992 zu geben.

§21 Abs2 Sbg RaumOG 1992 fordert kumulativ die ortsübliche Bekanntmachung und die Verlautbarung in der Salzburger Landes-Zeitung. Die Salzburger Landes-Zeitung als Amtsblatt der Behörden, Ämter und Gerichte Salzburgs wird vom Land Salzburg herausgegeben, wobei der amtliche Teil laut Impressum vierzehntäglich erscheint. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis des Erscheinungsrhythmus des amtlichen Teils der Salzburger Landes-Zeitung eine Kundmachung in dieser Zeitung anordnet, so war es nicht die Absicht des Gesetzgebers, die sechswöchige Frist erst mit der Verlautbarung in der Landes-Zeitung laufen zu lassen, sondern er hat eine gewisse Verzögerung bei der Verlautbarung in Kauf genommen, die - rechnet man noch eine Zeit für den Redaktionsschluß ein - drei Wochen betragen kann.

Der Verfassungsgerichtshof ist der Meinung, daß dann, wenn der Bürgermeister - wie im vorliegenden Fall geschehen - die Planauflage ordnungsgemäß durch Anschlag an der Amtstafel kundmacht und auch unverzüglich der Salzburger Landes-Zeitung zur Verlautbarung übermittelt und diese Verlautbarung dann - wenn auch in der übernächsten Nummer der Zeitung - erscheint, eine ordnungsgemäße Kundmachung gemäß §21 Abs2 Sbg RaumOG 1992 vorliegt, zumal ab der Verlautbarung in der Salzburger Landes-Zeitung für die von der Planung Betroffenen noch ungefähr die Hälfte des Zeitraums der Auflagefrist zur Verfügung stand, um ihr Mitspracherecht bei der Planung geltend zu machen.

Der Verfassungsgerichtshof ist schon bisher davon ausgegangen, daß ein erst nach der ursprünglichen Flächenwidmung auftretender Bedarf nach Bauten und Anlagen des Gemeinbedarfes in der Regel eine Planänderung rechtfertigt (vgl VfSlg 13014/1992). Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt auch nicht den konkreten Bedarf nach der Errichtung eines Seniorenheimes sowie die aus den Verwaltungsakten ersichtlichen Bemühungen der Gemeinde, einen geeigneten Standort für den Neubau eines Seniorenheimes zu finden. Die Gemeinde hat außerdem nachvollziehbar dargelegt, daß vorhandene Baulandflächen für eine Errichtung des Seniorenheimes nicht zur Verfügung standen. Der Verfassungsgerichtshof ist daher der Meinung, daß der Abwägungsprozeß hinsichtlich der Widmungsänderung der Gp 63/1 in sich sachlich gerechtfertigt war.

Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die von der Gemeinde getroffene Auswahl nach unsachlichen Kriterien erfolgte.

Der Bedarf nach einem Seniorenheim ist erst nach Erstellung des räumlichen Entwicklungskonzeptes entstanden.

Kein Widerspruch zum räumlichen Entwicklungskonzept; keine Bindungswirkung des Konzeptentwurfs.

Die im Zielkatalog des §2 Sbg RaumOG 1992 enthaltenen Zielkonflikte schließen es aus, daß die Gemeinde bei Raumordnungsmaßnahmen jeweils alle Ziele optimal erreichen kann. Der Verordnungsgeber hat bei der Erlassung oder Abänderung des Flächenwidmungsplans die Raumordnungsziele zu beachten und im Fall von Zielkonflikten den jeweiligen Grad der Zielerreichung - bei verstärkter Berücksichtigung der Umweltbelange - nachvollziehbar abzuwägen.

Das Verfahren zur Teiländerung des Flächenwidmungsplanes läßt erkennen, daß die Gemeinde die für die Errichtung eines Seniorenwohnheims erforderlichen Ansprüche an den Raum entsprechend den Zielen des Schutzes der pfleglichen Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Entwicklung des Siedlungssystems, der Versorgung der Bevölkerung in ihren Grundbedürfnissen, der Entwicklung des Fremdenverkehrs und der Sicherung von Erholungsgebieten unter sorgsamer Berücksichtigung der ökologischen Aspekte abgewogen hat. Wie die Gemeinde bei der Teiländerung des Flächenwidmungsplanes die Zielkonflikte löst, ist ihrer vom Verfassungsgerichtshof nicht nachzuprüfenden planerischen Gestaltungsfreiheit überlassen.

Eignung der Liegenschaft für die Errichtung eines Seniorenwohnheimes durch Sachverständigengutachten betreffend Immissionsschutz festgestellt.

Keine Gesetzwidrigkeit der zugrundeliegenden Bebauungspläne; Detailfestlegungen nicht zwingend erforderlich; ausreichendes Eingehen auf Einwendungen und Anregungen des Beschwerdeführers im Verfahren zur Erlassung der Bebauungspläne.

Obwohl der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung ausdrücklich beantragte, konnte gemäß §19 Abs4 VfGG von einer solchen abgesehen werden, weil sich aus den umfangreichen Schriftsätzen der Parteien sowie den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Akten betreffend das Zustandekommen der Teilabänderung des Flächenwidmungsplans und der Bebauungspläne der Grundstufe und der Aufbaustufe ergibt, daß eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Den Anträgen der mitbeteiligten Gemeinde und der mitbeteiligten Bauwerberin auf Ersatz der Verfahrenskosten war schon deshalb nicht stattzugeben, weil es sich bei den von ihnen eingebrachten Schriftsätzen, mit denen sie von der ihnen eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht haben, nicht um abverlangte Schriftsätze handelt (VfSlg 13847/1994, B3445/95 vom 10.10.97).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ermessen, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnung, Kundmachung, Verordnungserlassung, Planungsakte, Bebauungsplan, Verfahren, VfGH / Verhandlung, VfGH / Kosten, VfGH / Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2065.1997

Dokumentnummer

JFR_10018987_97B02065_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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