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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit der Konkretisierung der Fünftagefrist des ArbVG für die Abgabe einer Stellungnahme des Betriebsrates zu einer beabsichtigten Kündigung in der Betriebsrats-GeschäftsO 1974Rechtssatz
Daß das antragstellende Gericht den bekämpften §63 Abs1 Betriebsrats-GeschäftsO 1974 in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, ist nicht zweifelhaft geworden. Ob Abs2, Abs4 und Abs5 auch nach Wegfall des Abs1 im Hinblick auf ihren sonstigen Inhalt verständlich und noch anwendbar wären, kann dahingestellt bleiben, weil allein der Umstand, daß andere mit ihr verbundene Vorschriften unanwendbar werden, der Aufhebung einer Vorschrift nicht entgegensteht.
Da die angegriffene Bestimmung noch in ihrer Stammfassung in Geltung steht und die vom antragstellenden Gericht genannten Novellen der Betriebsrats-GeschäftsO 1974 andere Teile der Verordnung betreffen, besteht auch keine Unklarheit darüber, welche Fassung nun eigentlich aufgehoben werden soll.
§161 Abs1 ArbVG ermächtigt den zuständigen Bundesminister, "durch
Verordnung insbesondere näher zu regeln, ... 3. die Geschäftsführung
... des Betriebsrates, ...". Die hier enthaltene Aufzählung der Materien, bei denen die Erlassung einer Durchführungsverordnung für erforderlich gehalten wird, ist (arg "insbesondere") nicht abschließend und schränkt die durch Art18 Abs2 B-VG jeder Verwaltungsbehörde in ihrem Wirkungsbereich zustehende Befugnis, gesetzliche Bestimmungen durch Verordnung zu konkretisieren, nicht nur nicht ein, sondern enthält seinerseits eine über diesen Katalog hinausgehende allgemeine Ermächtigung. Schon daraus ergibt sich, daß den vom antragstellenden Gericht angedeuteten Bedenken, einer näheren Regelung wäre nur die interne Geschäftsführung des Betriebsrates zugänglich, nicht beigepflichtet werden könnte.
Eine nähere Regelung des Begriffs "Arbeitstag" im §105 Abs1 ArbVG durch eine Verordnung ist daher zulässig.
Abweisung des Antrags des OLG Wien auf Aufhebung des §63 Abs1 der Betriebsrats-GeschäftsO 1974, BGBl 355.
Die Fünftagesfrist des §63 Abs1 Betriebsrats-GeschäftsO 1974 steht dem Betriebsrat für die Abgabe seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung offen. Hier kann es nicht darauf ankommen, ob der zu kündigende Arbeitnehmer innerhalb der Frist arbeitet oder nicht. Auf den Betriebsrat als solchen kann gleichfalls nicht abgestellt werden.
Es ist gewiß nicht die einzig mögliche, aber eine dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes entsprechende Konkretisierung des §105 Abs1 ArbVG, wenn die angegriffene Verordnung auf die Zahl der Beschäftigten abstellt und als Arbeitstage jene zählt, in denen die Mehrzahl der Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt ist. Dabei stellt §63 Abs1 Betriebsrats-GeschäftsO 1974 nicht auf die tatsächliche Anwesenheit ab, sondern darauf, wie viele Arbeitnehmer "auf Grund der betrieblichen Arbeitszeiteinteilung" beschäftigt sind, und schließt damit Zufälligkeiten wie plötzliche Erkrankungen oder sonstige Verhinderungen und Manipulationen durch absichtliches Fernbleiben aus. Er läßt aber auch in Ansehung der Bezugsgröße eine Auslegung zu, wonach nicht etwa die Gesamtzahl der Arbeitnehmer eines Betriebs ohne Rücksicht darauf maßgeblich ist, daß allenfalls eine bestimmte Quote wegen Krankheit oder Urlaub ausfällt oder Teilzeitbeschäftigte alternierend eingesetzt werden, sondern nur die in der Arbeitszeiteinteilung für den Normalbetrieb (auch in Form eines Schichtbetriebes) vorgesehenen Beschäftigten zählen, weshalb zB auch auf eine Herabsetzung des Beschäftigtenstandes wegen Kurzarbeit oder Betriebsurlauben von Teilen der Belegschaft Bedacht genommen werden kann.
Schlagworte
Arbeitsverfassung, Betriebsrat, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Formerfordernisse, Verordnungserlassung, Fristen, Gesetz demonstrativ - taxativ, DurchführungsVEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V231.1997Dokumentnummer
JFR_10018789_97V00231_01