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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art11 Abs2Leitsatz
Verfassungswidrigkeit der bloß zweitägigen Berufungsfrist im Fall der Abweisung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet wegen Verstoßes gegen rechtsstaatliche Grundsätze und mangels Rechtfertigung unter dem Blickpunkt des Art11 Abs2 B-VGRechtssatz
Die in §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76, idF der Kundmachung BGBl. I Nr. 106/1998, enthaltene Wortfolge "als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder" wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Eine bloß zweitägige Berufungsfrist entspricht nicht den Erfordernissen, welche an die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung sowohl unter dem Aspekt rechtsstaatlicher Grundsätze als auch unter dem Blickpunkt des Art11 Abs2 B-VG zu stellen sind (vgl E v 24.06.98, G31/98 ua).
Ein Vergleich des Gegenstandes des Verfahrens nach §4 AsylG 1997, welches die sogenannte Drittstaatsicherheit betrifft, mit dem Gegenstand des Verfahrens nach §6 AsylG 1997 zeigt, daß der zeitliche Aufwand für den Rechtsschutzsuchenden bei gebotener Durchschnittsbetrachtung nicht geringer zu veranschlagen ist und er grundsätzlich den gleichen Schwierigkeiten gegenübersteht wie ein im Prüfungsverfahren G31/98 ua. betrachteter Berufungswerber.
Zurückweisung der Anträge des Unabhängigen Bundesasylsenates auf Aufhebung (bloß) des ersten Satzes des §32 Abs3 AsylG 1997 infolge Unzulässigkeit der Antragstellung in diesem eingeschränkten Umfang.
Gemäß §19 Abs1 zweiter Satz AsylG 1997 dürfen (dem Bundesasylamt) vorgeführte Asylwerber dazu verhalten werden, sich zur Sicherung einer Zurückweisung während der der Grenzkontrolle folgenden Woche an einem bestimmten Ort im Grenzkontrollbereich oder im Bereich des Bundesasylamtes aufzuhalten. Diese in der Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP) zutreffend als Konfinierung bezeichnete Maßnahme wird durch §32 Abs1 zweiter Satz AsylG 1997 dann, wenn die Berufungsfrist in die Sicherung einer Zurückweisung fällt, dahin erstreckt, daß sie jedenfalls bis zum ungenützten Ablauf der Berufungsfrist zulässig ist. Für den Fall jedoch, daß eine Berufung während der Sicherung einer Zurückweisung eingebracht wird, bestimmt der zweite Satz im §32 Abs3 AsylG 1997, daß diese Sicherung "entsprechend länger" zulässig ist. Diese Regelung steht mit der dem Bundesasylsenat offenstehenden Entscheidungsfrist von vier Arbeitstagen (§32 Abs3 erster Satz AsylG 1997) derart im Zusammenhang, daß die hier gebotene rasche Entscheidung des Bundesasylsenates die Dauer der Konfinierung verlängert bzw. beschränkt. Eine isolierte, teilweise oder gänzliche Aufhebung des ersten Satzes im §32 Abs3 AsylG 1997 hätte somit eine u.U., nämlich nach Maßgabe der tatsächlichen Dauer des Berufungsverfahrens, erhebliche Verlängerung des Zeitraums einer zulässigen Konfinierung zur Folge, was dem Gesetzgeber im Hinblick auf die die Konfinierung beschränkende Verknüpfung kurzer Fristen nicht zusinnbar ist.
(Anlaßfall B825/98, E v 18.12.98; Quasianlaßfälle: B121/98, B515/98, B1090/98, alle E v 16.12.98, uvm, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Bedarfskompetenz, Rechtsschutz, Rechtsstaatsprinzip, Verwaltungsverfahren, Berufung, Berufungsfrist, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G210.1998Dokumentnummer
JFR_10018789_98G00210_01