Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung sowie im Recht auf Freiheit und Sicherheit durch Abweisung einer UVS-Beschwerde wegen Festnahme, Anhaltung und Mißhandlung des Beschwerdeführers im Zuge einer polizeilichen Amtshandlung; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Beschwerde wegen behaupteter Beschimpfungen des BeschwerdeführersRechtssatz
Die belangte Behörde hat die Ermittlung der Ursache der unbestrittenen Verletzung des Beschwerdeführers (Rippenbruch), die zumindest in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem festgestelltermaßen massiven Polizeieinsatz stand, unterlassen, obwohl weitere Ermittlungsschritte nicht von vornherein aussichtslos schienen. Sie hat damit, wie insbesondere auch das rechtskräftige Urteil des OLG Linz belegt, ihr Verfahren mit einem - nach den Umständen des Falles - derart groben Verfahrensfehler belastet, daß der dieses Verfahren abschließende, angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer in seinem nach Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt.
Gleiches gilt unter diesen Voraussetzungen auch für die Verweigerung medizinischer Hilfeleistung.
Was das sonstige Verhalten der Polizeibeamten anlangt, kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden, daß das (wenn auch möglicherweise rigorose) Vorgehen angesichts der Umstände des Falles - der Beschwerdeführer kam der Anhalteaufforderung der Exekutivorgane und ihren weiteren Befehlen, insbesondere zum Aussteigen aus dem Auto, nicht bzw. erst verspätet nach und hat sich solcherart den bloße verkehrspolizeiliche Belange überschreitenden Verdacht der Exekutivorgane und ihre besondere Bedachtnahme auf Eigensicherung selbst zuzuschreiben - so überschießend war, daß von einer, die Menschenwürde beeinträchtigenden gröblichen Mißachtung des Betroffenen als Person gesprochen werden kann.
Der belangten Behörde ist im Ergebnis ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen, wenn sie unter Würdigung der konkreten Ergebnisse des Einzelfalles hier zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer sei nicht in einer einer Festnahme gleichkommenden Weise in seiner persönlichen Freiheit beschränkt worden. Eine Freiheitsbeschränkung im Sinne einer Festnahme (Art1 Abs2 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit) hat daher stattgefunden. Daß die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen wären, ist nicht ersichtlich.
Die belangte Behörde hat die Frage, ob die in Beschwerde gezogenen und von ihr festgestellten Äußerungen der Exekutivorgane im Zuge der Besorgung von "Sicherheitsverwaltung" fielen, nicht geprüft. Sie hat aber die Durchsuchung der Kleidung des Beschwerdeführers auf §40 SicherheitspolizeiG gestützt und damit zum Ausdruck gebracht, daß das Gesamtgeschehen zumindest sicherheitspolizeiliche Komponenten enthalte und daß somit zumindest auch Aufgaben der Sicherheitsverwaltung besorgt wurden. Solcherart ist es zumindest naheliegend, daß die in Beschwerde gezogene "Beschimpfung" im Zuge der Besorgung der Sicherheitsverwaltung fiel und folglich im Grunde von §88 Abs2 SicherheitspolizeiG mit Beschwerde an den UVS bekämpft werden kann.
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Verwaltungsstrafrecht, Festnehmung, Behördenzuständigkeit, Polizei, SicherheitspolizeiEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1341.1997Dokumentnummer
JFR_10018788_97B01341_01