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91 Post-und FernmeldewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Feststellung der marktbeherrschenden Stellung der Mobilkom Austria AG im Handy-Netz gemäß dem TelekommunikationsG in einem nicht den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügenden Verfahren; Bescheidqualität der mit Beglaubigung durch den Geschäftsführer der Telekom-Control GmbH versehenen Ausfertigung des Bescheides der Telekom-Control-KommissionRechtssatz
Die Telekom-Control-Kommission ist bei der Telekom-Control GmbH als einem mit der Vollziehung öffentlicher Aufgaben beliehenen Unternehmen angesiedelt, und zwar derart, daß diesem Unternehmen nach Art einer Geschäftsstelle der Behörde bloß die Geschäftsführung der Kommission obliegt und ihr Personal dabei an die Weisungen des zuständigen Kommissionsmitgliedes gebunden ist. Unter diesen Umständen zweifelt der Verfassungsgerichtshof nicht daran, daß die mit der Beglaubigung durch den Geschäftsführer der Telekom-Control GmbH versehene Ausfertigung des in der Urschrift vom Vorsitzenden unterschriebenen Bescheides der Kommission jedenfalls ein wirksamer Bescheid ist.
Von einem durch die Kommission geführten Feststellungsverfahren kann nicht die Rede sein. Die Kommission hat weder Ziel und Zweck der Feststellung erwogen, noch die an die Parteien gestellten Fragen formuliert, noch etwa eine Entscheidung über den für die mitzuteilenden Daten maßgeblichen Zeitpunkt gefällt, sondern sich im wesentlichen damit begnügt, einen auf den Ergebnissen des von der GmbH geführten Verfahrens von der GmbH verfaßten Entwurf ohne jede eigene Diskussion des Verfahrensgegenstandes, der ermittelten Daten und der im Verfahren auftretenden Fragen und insbesondere auch ohne Auseinandersetzung mit der Stellungnahme der Beteiligten zum Beschluß zu erheben.
Angesichts der Bedeutung der Aufgaben, für die das Gesetz die Telekom-Control-Kommission als eigene Kollegialbehörde eingerichtet hat, und in Anbetracht des Gewichtes der im Verfahren aufgetretenen Fragen ist solch eine bloße Übernahme der durch andere bestimmten Verfahrensschritte, Vorentscheidungen und Entscheidungsvorschläge ähnlich der Unterlassung jeglichen Ermittlungsverfahrens im entscheidenden Punkt oder dem gehäuften Verkennen der Rechtslage einem Akt der Willkür gleichzuhalten und als Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zu werten.
Ob die im Bescheid getroffenen Feststellungen sich derart auf civil rights der beschwerdeführenden Gesellschaft auswirken, daß die Gewährleistungen des Art6 EMRK erfüllt sein müssen, ob der österreichische Vorbehalt zu Art6 das Unterbleiben einer öffentlichen mündlichen Verhandlung deckt (zu beiden Fragen VfSlg 14210/1995) und ob das anzuwendende AVG der Abhaltung einer (allenfalls von Art6 EMRK gebotenen) öffentlichen mündlichen Verhandlung entgegensteht, kann dahingestellt bleiben. Ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung ist nämlich gar nicht gestellt worden (§39 Abs2 AVG), und darin ist ein schlüssiger Verzicht auf eine solche zu sehen.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Hoheitsverwaltung, Beleihung, Bescheid Unterschrift, Fernmelderecht, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Rechtsstaatsprinzip, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1172.1998Dokumentnummer
JFR_10018784_98B01172_2_01