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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Verordnungsbestimmung betreffend Erteilung einer Bewilligung durch die Landesärztekammer für die Anbringung von Hinweisschildern in Ausnahmefällen; keine gesetzliche Deckung zur Errichtung eines Bewilligungsregimes und Normierung von Zuständigkeiten für zusätzliche Ordinationstafeln; Bestimmungen über zusätzliche Tafeln hingegen im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers und ausreichend determiniertRechtssatz
§8 Abs1 der SchilderO der Österr Ärztekammer, beschlossen in der Vollversammlung am 17.06.94, kundgemacht in der Österreichischen Ärztezeitung Nr 20 vom 25.10.94 war gesetzwidrig.
Die Festlegung von Zuständigkeiten für Verfahren muß in eindeutiger Weise durch das Gesetz erfolgen (vgl zB VfSlg 9937/1984, 6675/1972, 5698/1968). Der Gesetzgeber darf diese Aufgabe auch nicht ohne weitere Determinierung dem Verordnungsgeber überlassen (VfSlg 5698/1968). Schon aus diesem verfassungsrechtlichen Grund ist es ausgeschlossen, die Bestimmung des §29 Abs4 ÄrzteG 1984 auch als Ermächtigung zur Normierung eines Bewilligungsregimes für Hinweisschilder aufzufassen. Ohne gesetzliche (freilich die Schranken der Erwerbsausübungsfreiheit beachtende) Ermächtigung durfte aber der Verordnungsgeber keinesfalls ein Bewilligungsregime errichten und Zuständigkeiten für seine Durchführung normieren.
Überlegungen zur Zweckmäßigkeit hier irrelevant.
Im Hinblick auf die Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden wäre bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses (hier: des Arztes) eine Klärung von Zweifelsfragen auch ohne das Risiko disziplinarrechtlicher Verfolgung wegen ordnungswidriger Schilderaufstellung möglich.
Keine Bedenken gegen §6 Abs3 der SchilderO der Österr Ärztekammer vom 17.06.94.
Daß nach der Schilderordnung jede Ordination über eine Ordinationstafel verfügen durfte, auch ohne daß dafür eine Bewilligung der zuständigen Ärztekammer eingeholt werden mußte, während für weitere Ordinationsschilder spezifische Erfordernisse aufgestellt waren, begegnet für sich genommen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine gleichheitswidrige, weil sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen dem "ersten" und jedem weiteren Ordinations- oder Hinweisschild kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil die Notwendigkeit eines ("ersten") Ordinationsschildes unmittelbar einleuchtet und auch ohne vorangegangene Sachverhaltsfeststellungen grundsätzlich anzuerkennen ist, während es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers lag, unter Bedachtnahme auf die im Gesetz genannten Kriterien für zusätzliche Schilder strengere materielle Erfordernisse aufzustellen.
Auch ist der Verfassungsgerichtshof nicht der Auffassung, daß die Bewilligungsvoraussetzungen in einer unzureichend determinierten, der zuständigen Ärztekammer schrankenloses Ermessen einräumenden Weise normiert gewesen wären.
Schlagworte
Ärztekammer, Behördenzuständigkeit, Legalitätsprinzip, Rechtspolitik, Determinierungsgebot, ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:V127.1997Dokumentnummer
JFR_10009777_97V00127_01