TE Vfgh Beschluss 2005/3/16 V49/04 ua

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Veröffentlicht am 16.03.2005
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967, Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
NachschulungsV, BGBl II 357/2002 §11

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung einer Bestimmung der Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung betreffend Kosten der Nachschulung als zu eng gefasst

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit den beim Verfassungsgerichtshof zu V49/04, V54/04, V65/04, V68/04, V69/04, V74/04, V75/04, V83/04, V84/04 und V86/04 protokollierten, auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Individualanträgen begehren die Einschreiter die Aufhebung der Bestimmung des §11 Z2 FSG-NV

(Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung), BGBl. II Nr. 357/2002, als gesetzwidrig.

1.2. §11 Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung (kurz: FSG-NV), BGBl. II Nr. 357/2002, hatte folgenden Wortlaut (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Kosten der Nachschulungen

§11. Die Gebühr für die Teilnahme an einer Nachschulung beträgt pro Teilnehmer

        1. für eine Gruppensitzung pro Kurseinheit      35 Euro

        2. für ein Einzelgespräch pro Kurseinheit      109 Euro.

In diesen Preisen sind alle Zuschläge enthalten ('Inklusivpreise'). Im Fall von fremdsprachigen Kursteilnehmern kann ein Dolmetscher beigezogen werden."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2004, G200/03, V93/03 ua., wurde §11 Z1 FSG-NV, BGBl. II Nr. 357/2002, aufgehoben (kundgemacht in BGBl. II Nr. 196/2004).

1.3. Mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie wurde die FSG-NV geändert. §11 FSG-NV, idF BGBl. II Nr. 32/2005, lautet:

"Kosten der Nachschulungen

§11. Die Gebühr für die Teilnahme an einer Nachschulung beträgt pro Teilnehmer

1.

für eine Gruppensitzung pro Kurseinheit

zwischen 33 und 37 Euro

2.

für ein Einzelgespräch pro Kurseinheit

zwischen 103 und 115 Euro.

In diesen Preisen sind alle Zuschläge enthalten ('Inklusivpreise'). Im Fall von fremdsprachigen Kursteilnehmern kann ein Dolmetscher beigezogen werden."

1.4. Zur Antragslegitimation bringen die Antragsteller vor, dass der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. März 2004, G200/03, V93/03 ua., festgestellt habe, dass in einem solchen Fall grundsätzlich zwar der Zivilrechtsweg offenstehe, es aber nicht zumutbar sei, eine Klage abzuwarten. Aus dem privatrechtlichen Verhältnis zwischen der Nachschulungseinrichtung und den Teilnehmern an einer Nachschulung ergebe sich, dass die Kosten der Nachschulungsstelle nicht aufgrund eines Hoheitsaktes, sondern auf privatrechtlicher Basis verlangt würden. Eine Nichtbezahlung berge die Gefahr in sich, dass eine Verlängerung der Entziehungsdauer der Lenkberechtigung eintreten könne, weil die Nachschulung gemäß §5 Abs6 FSG-NV erst dann als ordnungsgemäß absolviert gelte, wenn die Teilnehmer eine Kursbesuchsbestätigung erhalten hätten, deren Ausstellung von der vollständigen Bezahlung der Kursgebühr abhänge. Es sei nicht zumutbar, nach Bezahlung und Absolvierung der Nachschulung eine Klage auf Rückforderung der Kosten zu erheben, weil eine bereicherungsrechtliche Rückforderungsklage mit Unsicherheiten verbunden sei.

1.5. In der Sache behaupten die Antragsteller, ihnen sei jeweils der Auftrag erteilt worden, sich auf eigene Kosten einer Führerschein-Nachschulung zu unterziehen. §11 Z2 FSG-NV, BGBl. II Nr. 357/2002, sei gesetzwidrig, weil die für die Nachschulung vorgesehenen Beträge im Vergleich zu den Kosten für sachverständige Gutachten, die von anderen Berufsgruppen erstellt werden, unsachlich hoch seien. Zur Untermauerung dieses Vorbringens werden Vergleiche zu den Gebühren ärztlicher Untersuchungen und zu den Sachverständigengebühren für KFZ-technische Gutachten gemäß dem Gebührenanspruchsgesetz gezogen. Wie die Antragsteller weiters ausführen, sei der Stellungnahme des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 6. Februar 2003 zu VfGH 10.3.2003, G200/03, V93/03 ua., zu entnehmen, dass die Verordnungsbestimmung auf der Grundlage einer Kostenkalkulation des Fachverbandes der Nachschulungsstellen erlassen worden sei. Diese Stellungnahme gelte nicht nur hinsichtlich der Z1, sondern auch hinsichtlich der Z2 des §11 FSG-NV. Die Kostenkalkulation sei somit keiner - zumindest keiner eingehenden - Schlüssigkeitsprüfung unterzogen worden. Zur Angemessenheit der Kosten sei kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, daher sei die Höhe des Einzelgespräches pro Kurseinheit unüberprüfbar.

2. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erstattete zu V49/04 eine Stellungnahme, in welcher er den Behauptungen des Antragstellers entgegentritt. Auf diese wird in den anderen Verfahren verwiesen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat die Verfahren über die Anträge in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden.

III. Die Anträge sind unzulässig.

1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Vorschrift sind - wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt in Verfahren nach Art139 und Art140 B-VG darlegte (vgl. VfSlg. 8155/1977, 8461/1978, 12464/1990 und 16279/2001) - notwendig so zu ziehen, dass der verbleibende Teil weder einen veränderten Inhalt bekommt, noch dass die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen (mit)erfasst werden.

Ein Individualantrag iSd. Art139 B-VG, der diese Grundsätze missachtet, ist unzulässig. Die hier angefochtene Z2 des §11 FSG-NV, BGBl. II Nr. 357/2002, war für das Verständnis dieser Bestimmung insgesamt unentbehrlich: Der laut Auffassung der antragstellenden Parteien nach der angestrebten Aufhebung verbleibende Rest der Verordnungsstelle wäre als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar; er ist mit den aufzuhebenden Normteilen untrennbar verbunden. Daraus folgt, dass die zur Aufhebung beantragte Wortfolge unzulässig abgegrenzt ist.

2. Da das Aufhebungsbegehren zu eng gefasst wurde, war der Antrag auf Aufhebung des §11 Z2 FSG-NV, BGBl. II Nr. 357/2002, gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Lenkberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V49.2004

Dokumentnummer

JFT_09949684_04V00049_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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