RS Vfgh 1999/3/11 B1159/98, B1160/98, B1161/98

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 11.03.1999
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

StGG Art8
EMRK Art5
PersFrSchG 1988 Art1 ff
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenG §32, §33

Leitsatz

Kein Eingriff ins Recht auf persönliche Freiheit durch im Gefolge einer Zurückweisung von Fremden ergangene Anordnungen der Sicherheitsorgane betreffend Anhaltung der Beschwerdeführer im Transitraum des Flughafens Wien-Schwechat; Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die genannten Anordnungen aufgrund Unterlassens jeglicher Ermittlungstätigkeit über die genauen Umstände der Verbringung der Beschwerdeführer in den Sondertransitraum und über ihre konkrete Situation dort

Rechtssatz

Art8 StGG und das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit - nunmehr das BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit - ebenso wie Art5 EMRK schützen nicht vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit schlechthin, sondern nur vor willkürlicher Verhaftung, rechtswidriger Inverwahrnahme sowie rechtswidriger Internierung und Konfinierung (siehe die ausführlichen Literatur- und Rechtsprechungszitate zum Begriff der "Verhaftung" im Erkenntnis).

Der Verfassungsgerichtshof bleibt grundsätzlich bei seiner Rechtsprechung, zumal ihr auch die Europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 05.04.93, Beschwerde Nr. 19.066/1991 (ÖJZ 1994, 57 ff.) gefolgt ist.

Den bekämpften Bescheiden sind jedenfalls insoweit keine in die Verfassungssphäre reichenden Fehler anzulasten, als sie über die Anordnungen der Sicherheitsorgane, daß sich die Beschwerdeführer im allgemeinen Transitraum aufzuhalten haben, entschieden und diesen Anordnungen keinen die persönliche Freiheit einschränkenden Charakter beimaßen.

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch unzureichende Ermittlungstätigkeit der Behörde hinsichtlich der Anhaltung der Beschwerdeführer im Sondertransitraum iSd §33 FremdenG nach deren Zurückweisung gemäß §32 FremdenG.

Die belangte Behörde hat, weil sie von einer unzutreffenden Rechtsanschauung ausging, entsprechende Erhebungen im Sinne der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 25.06.96, Zl. 17/1995/523/609, Amuur gegen Frankreich - EuGRZ 1996, 577 ff.; Urteil vom 06.11.80, Guzzardi gegen Italien, EuGRZ 1983, 633 ff.; anders noch VfSlg. 12523/1990) über die genauen Umstände (Ursache und Ablauf) der Verbringung der Beschwerdeführer in den Sondertransitraum und über ihre konkrete Situation im Sondertransitraum überhaupt nicht gepflogen (diesbezüglich enthalten die Bescheide nur allgemeine Hinweise). Zu diesen maßgeblichen Fakten zählt etwa auch die Klärung der Fragen, ob die Beschwerdeführer auch im Sondertransitraum im Grunde jederzeit die Möglichkeit hatten, den Ort zum Zweck des Abfluges zu verlassen, und ob sie die Möglichkeit hatten, ihre Ausreise selbst zu organisieren.

Entscheidungstexte

  • B 1159-1161/98
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.03.1999 B 1159-1161/98

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Fremdenrecht, Festnehmung, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1159.1998

Dokumentnummer

JFR_10009689_98B01159_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten