RS Vfgh 1999/6/10 KI-7/98

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Veröffentlicht am 10.06.1999
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Index

60 Arbeitsrecht
60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Norm

B-VG Art133 Z1
B-VG Art138 Abs1 litb
B-VG Art144 Abs2
AKG 1992 §10
VwGG §34

Leitsatz

Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes aufgrund Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den VfGH und Einstellung des Verfahrens wegen Nichtbehebung vorgehaltener Mängel durch den VwGH im vorliegenden Fall aufgrund Unmöglichkeit der Verbesserung des Mangels ausreichender Darlegungen zur behaupteten Rechtsverletzung; keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer; Verweigerung der Sachentscheidung zuunrecht durch Ablehnung der Behandlung der Beschwerde gegen einen solchen Feststellungsbescheid durch den Verfassungsgerichtshof

Rechtssatz

Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes aufgrund Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und Einstellung des Verfahrens wegen Nichtbehebung vorgehaltener Mängel durch den Verwaltungsgerichtshof.

Dies kann im allgemeinen keinen Kompetenzkonflikt auslösen, weil die unterlassene Verbesserung eines Mangels die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs an sich nicht berührt. Doch läßt die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes erkennen, daß der Verwaltungsgerichtshof eine Verbesserung des Mangels in Wahrheit selbst für unmöglich hält, weil die subjektiven Rechte auf Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer, über die im angefochtenen Bescheid abgesprochen wird, verfassungsgesetzlich gewährleistet sind (und der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich davon ausgeht, daß auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften in die Frage der Verletzung des subjektiven Rechts auf Zugehörigkeit zur Arbeiterkammer münden müsse). Der Verfassungsgerichtshof räumt - wie schon im Erkenntnis VfSlg. 13.983/1994 - durchaus ein, daß die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages ungeachtet des Umstandes, daß sie die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs in der Sache voraussetzt, den Verwaltungsgerichtshof nicht hindert, seine Unzuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Tut er das freilich im förmlichen Gewande einer Einstellung nach §34 Abs2 iVm §33 Abs1 VwGG, ergibt sich aber aus der Begründung, daß die beschwerdeführende Partei nicht nur die Angabe eines tauglichen Beschwerdepunktes unterlassen hat, sondern ein solcher schlechthin undenkbar ist - was möglicherweise auch erst das Ergebnis des Versuches einer Mängelbehebung ist -, so ist die Einstellung der Verweigerung einer Sachentscheidung gleichzuhalten und löst bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen einen negativen Kompetenzkonflikt aus.

Der die Behandlung der Beschwerde ablehnende Beschluß des Verfassungsgerichtshofs vom 10.12.97 beruht auf der falschen Annahme einer in diesen Angelegenheiten an sich gegebenen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Ist der Fall aber nach Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichthofs ausgeschlossen, hat der Verfassungsgerichtshof mit der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde die Sachentscheidung zuunrecht verweigert (Art144 Abs2 B-VG).

Im Erkenntnis VfSlg. 14.085/1995, in dem es um die Arbeiterkammerzugehörigkeit der Bediensteten des Generalsekretariates des Bundestheaterverbandes gegangen war, hatte der Verfassungsgerichtshof die abgewiesene Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, und dieser hatte in der Folge ein Mängelbehebungsverfahren eingeleitet, obwohl offenkundig war, daß nur die Frage der Arbeiterkammerzugehörigkeit nach §10 Abs1 Z2 AKG 1992 zu entscheiden war. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Praxis des Verwaltungsgerichtshofs dahin verstanden, daß dieser seine Zuständigkeit in einer solchen Angelegenheit nicht von vornherein verneint.

Angesichts der Begründung der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof aber keine Bedenken, sich der nunmehr offenkundig gegenteiligen (wenn auch wiederum nicht in einer formellen Unzuständigkeitsentscheidung ausgesprochenen) Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs anzuschließen: Anders als in Fällen der aus der Kammerzugehörigkeit abgeleiteten einfachgesetzlich begründeten Umlagepflicht (VwGH 92/09/0106 vom 19.02.93; vgl VfSlg. 13.544/1993) - auch wenn nur die sie begründende Kammerzugehörigkeit strittig ist - kann durch bloße Feststellung der Kammerzugehörigkeit (Nichtzugehörigkeit zur Kammer) in Ansehung des in §10 Abs1 Z2 AKG 1992 umschriebenen Personenkreises und der im Abs2 Z1 genannten Ausnahmen im Ergebnis ausschließlich das in diesen Verfassungsbestimmungen begründete Recht auf Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer verletzt werden. Selbst wenn die bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochtene Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung anderer (etwa von Verfahrens-)Vorschriften behaftet wäre, wären solche Rechtsverletzungen doch nur wegen ihrer Auswirkungen auf das an den genannten Verfassungsbestimmungen zu messende Ergebnis von Bedeutung. Die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat aber nur der Verfassungsgerichtshof wahrzunehmen, weshalb Angelegenheiten des §10 Abs1 Z2 und Abs2 Z1 AKG 1992 von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ausgeschlossen sind (Art133 Z1 B-VG).

Entscheidungstexte

  • K I-7/98
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 10.06.1999 K I-7/98

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Zuständigkeit, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit, Arbeiterkammern, Mitgliedschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:KI7.1998

Dokumentnummer

JFR_10009390_98K00I07_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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