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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Ausnahme des Bordpersonals von Luftverkehrsunternehmungen vom System des ArbeitszeitG (mit seiner Unterscheidung von Normalarbeitszeit und höher zu entlohnenden Überstunden) angesichts des wesentlichen Unterschieds zu anderen ArbeitsverhältnissenRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des OLG Wien auf Aufhebung des §1 Abs2 Z7 ArbeitszeitG.
Eine Anlaßfallwirkung träte nur für das besondere Feststellungsverfahren (Antrag auf Feststellung der Verpflichtung eines Luftverkehrsunternehmens zur Bezahlung eines Überstundenzuschlags) ein, das den Antrag ausgelöst hat. Daß sich das Ergebnis dieses Feststellungsverfahrens bei den ordentlichen Gerichten auf die bestehenden Rechtsverhältnisse auch jener Arbeitnehmer nicht auswirkt, die der Feststellungsantrag gegebenenfalls namhaft machen müßte (OGH Arb. 10.735 = SZ 61/63 = ZAS 1990/17) - sodaß kein betroffener Arbeitnehmer mehr in den Genuß dieser Anlaßfallwirkung kommen könnte -, steht der Antragstellung nicht im Wege.
Ob und wieweit der Gesetzgeber besondere Arbeitsverhältnisse von einer allgemeinen Regelung über die Einhaltung einer Normalarbeitszeit und die Vergütung der sie übersteigenden Arbeit ausnehmen darf, hängt in erster Linie davon ab, wieweit die für diese besonderen Arbeitsverhältnisse typischen Erscheinungen von der Regel abweichen. Erst wenn sich für eine solche Ausnahme keinerlei plausiblen Gründe finden lassen, überschreitet er die ihm vom Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes gesetzten Schranken.
Keine Verfassungswidrigkeit des §1 Abs2 Z7 ArbeitszeitG.
Daß die Tätigkeit des Bordpersonals von Luftverkehrsunternehmen in Hinsicht auf die Arbeitszeit nicht nur von der durchschnittlichen Gestaltung eines Arbeitsverhältnisses in vielfacher Weise abweicht, sondern sich auch von der Dienstleistung im sonstigen öffentlichen Verkehr wesentlich unterscheidet, wird schon daraus deutlich, daß diese Tätigkeit in ihrem wesentlichen Teil nicht vor Erreichen des Zieles beendet oder durch neu beigezogene Arbeitnehmer fortgesetzt werden kann. Dazu kommt, daß die im Flugverkehr bewältigten Entfernungen das Bordpersonal einerseits infolge der Zeitverschiebungen und Klimaveränderungen außergewöhnlichen Belastungen aussetzen, die Sicherheit des Flugverkehrs eine Belastung andrerseits aber auch nur in besonderen Grenzen zuläßt.
Wenn der Gesetzgeber solche Arbeitsverhältnisse aus dem System des Arbeitszeitgesetzes mit seiner grundlegenden Unterscheidung von Normalarbeitszeit und (zulässiger, nur höher zu entlohnender) Überarbeit ausnimmt und den Schutz der Arbeitnehmer den in diesem Bereich vorhandenen, international üblichen und zunehmend auch durch internationale Einflüsse bestimmten Systemen überläßt, die auf andere staatlich kontrollierbare Weise vor übermäßiger Beanspruchung bewahren und die Regelung der Entlohnung den beteiligten Kreisen anheimstellt, ist das nicht unsachlich und überschreitet den gesetzgeberischen Spielraum nicht.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Arbeitnehmerschutz, ArbeitszeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G235.1998Dokumentnummer
JFR_10009390_98G00235_01