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58 Berg- und EnergierechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit des Ausschlusses der Grundeigentümer von der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren nach dem StarkstromwegeG 1968; bloßes Anhörungsrecht und keine Formalparteistellung der Gemeinde im Vorprüfungsverfahren nicht unsachlich; Bedachtnahme auf die Interessen der Grundeigentümer im Verfahren zur Bewilligung von Vorarbeiten; Wirkung einer Bewilligung gegenüber den zur Duldung der Vorarbeiten Verpflichteten als Verordnung; keine Verfassungswidrigkeit der mangelnden Parteistellung der Gemeinde im Verfahren zur Erteilung der Bau- und Betriebsbewilligung angesichts des bestehenden AnhörungsrechtsRechtssatz
Abweisung des Antrags der Steiermärkischen Landesregierung auf Aufhebung des §4 Abs2, §5 und §7 Abs1 StarkstromwegeG 1968.
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß es sachlich gerechtfertigt ist, einem Grundeigentümer oder sonst dinglich Berechtigten Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren, das die Bewilligung von Starkstromleitungen zum Gegenstand hat, nur dort einzuräumen, wo seine durch die Rechtsordnung geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Leitungsvorhabens beeinträchtigt werden könnte.
Das Vorprüfungsverfahren dient dazu festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen das geplante Vorhaben - bei dem zu befürchten ist, daß öffentliche Interessen wesentlich beeinträchtigt werden - den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht. Das Vorprüfungsverfahren soll es dem Bauwerber ermöglichen, seine Detailplanung an die im Vorprüfungsverfahren festgestellten öffentlichen Interessen anzupassen und die Leitungstrasse entsprechend festzulegen. Im Stadium des Vorprüfungsverfahrens müssen daher die letztendlich tatsächlich betroffenen Grundstücke noch nicht feststehen. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber den Grundeigentümern nicht bereits im Vorprüfungsverfahren, sondern erst im elektrizitätsrechtlichen Baubewilligungsverfahren Parteistellung einräumt.
Aus der Regelung der Parteistellung in anderen Rechtsmaterien läßt sich kein Argument für die Sachlichkeit der Parteistellung im Vorprüfungsverfahren nach dem StarkstromwegeG gewinnen. Daß der Gesetzgeber des StarkstromwegeG im Vorprüfungsverfahren "nur" ein Anhörungsrecht und keine Formalparteistellung der Gemeinde vorgesehen hat, kann ihm - angesichts der dargelegten rechtspolitischen Zielsetzungen - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Der Gesetzgeber nimmt im Verfahren zur Bewilligung von Vorarbeiten auf die Interessen des Grundstückseigentümers Bedacht, wenn er im §5 Abs2 leg. cit. anordnet, daß die zur Vorbereitung des Bauentwurfes erforderlichen Bodenuntersuchungen und sonstigen technischen Arbeiten "mit tunlichster Schonung und Ermöglichung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der betroffenen Grundstücke vorzunehmen" sind.
Adressat des Bescheides, mit dem gemäß §5 StarkstromwegeG die Inanspruchnahme fremden Grundes zur Vornahme von Vorarbeiten für die Errichtung einer elektrischen Leitungsanlage bewilligt wird, ist der zur Vornahme der Vorarbeiten Berechtigte und nicht auch der betroffene Grundeigentümer. Aus der Berechtigung des Bescheidadressaten folgt aber die Verpflichtung eines Personenkreises, die Vornahme von Vorarbeiten auf ihrem Grundstück zu dulden, wobei dieser Kreis der Verpflichtungen in dem gemäß §5 Abs3 leg. cit. durch Anschlag kundzumachenden Bewilligungsbescheid nicht individuell bestimmt ist. Die Bewilligung wirkt daher gegenüber den zur Duldung der Vorarbeiten verpflichteten Grundeigentümern als Verordnung (vgl. VwGH vom 23.4.1996, 94/05/0021). Gegen einen unmittelbar durch eine Verordnung bewirkten Eingriff in ihre Rechte können sich die betroffenen Grundeigentümer mit einem Antrag beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG direkt zur Wehr setzen.
Der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten kommt im starkstromwegerechtlichen Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren volle Parteistellung zu.
Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gemäß §7 Abs1 leg. cit. ist die Abstimmung der öffentlichen Interessen an der Leitungsanlage mit anderen öffentlichen Interessen, unter anderem mit den Interessen der Raumplanung, des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Versorgung. Diesen Intentionen wird ein Anhörungsrecht sämtlicher Behörden und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen vertreten, gerecht.
Schlagworte
Energierecht, Elektrizitätswesen, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Elektrizitätswesen, Anhörungsrecht, Formalpartei, Gemeinderecht, VfGH / Prüfungsgegenstand, VerordnungsbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G427.1997Dokumentnummer
JFR_10009376_97G00427_01