RS Vfgh 1999/6/24 B1472/98

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Veröffentlicht am 24.06.1999
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
StGG Art5
Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien §11
ÄrzteG §78 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht durch prozentuelle Kürzung der Rückerstattung von geleisteten Beiträgen bei Ausscheiden aus dem Wohlfahrtsfonds einer Ärztekammer; Verletzung im Gleichheitsrecht durch willkürliche Auferlegung einer rechtlich nicht existenten "Informationspflicht" bei nicht ordnungsgemäßer Zustellung; Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht durch willkürlichen Abzug von angeblich offenen Beiträgen in voller Höhe vom Rückerstattungsbetrag; Quasi-Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Beitragsordnungen für 1996 und 1997 und der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien

Rechtssatz

Die Satzung des Wohlfahrtsfonds sieht für den Fall einer Beitragsbefreiung nach §78 Abs1 ÄrzteG 1984 eine Rückerstattung von nur 50 vH und nicht der gesamten, vom Fondsmitglied geleisteten Beiträge vor.

Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner Rechtsprechung fest, nach der eine prozentuelle Kürzung der Rückerstattung bei Ausscheiden oder Überweisung keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken begegnet (VfSlg. 10.898/1986).

Die Adressatin eines Bescheides trifft keine wie auch immer geartete Verpflichtung, sich (bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Zustellung) über den Bescheidzugang "zu informieren". Für die Zustellung oder sonstige Erlassung der Beitragsvorschreibungen für 1995 und 1996 fehlt aber jeglicher Hinweis. Auch die belangte Behörde vermag nicht darzutun, daß der Beschwerdeführerin die fraglichen Beitragsvorschreibungen zugestellt worden wären. Bei dieser Sachlage kann daher der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten werden, wenn sie die rechtliche Existenz dieser Vorschreibungen und damit die Fälligkeit der in Abzug gebrachten Forderungen bestreitet. Indem die belangte Behörde sich über diesen Einwand der Beschwerdeführerin hinweggesetzt und - in grober Verkennung ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Zustellung von Bescheiden - der Beschwerdeführerin eine rechtlich nicht existente "Informationspflicht" auferlegt hat, hat sie der Beschwerdeführerin gegenüber Willkür geübt.

Die belangte Behörde hätte die angeblich offenen Fondsbeiträge nicht in voller Höhe vom Rückerstattungsbetrag abziehen dürfen: Selbst unter der Voraussetzung der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Abzuges offener Forderungen hätte dieser Abzug nur in Höhe von 50 vH erfolgen dürfen. Wie die Beschwerdeführerin nämlich zutreffend ausführt, hätte sie 50 vH bereits abgeführter Beiträge rückerstattet bekommen. Indem die belangte Behörde jedoch entgegen der insoweit eindeutigen Rechtsvorschrift des §11 Abs3 der Satzung des Wohlfahrtsfonds diese Beiträge in voller Höhe vom Rückerstattungsbetrag abgezogen hat, hat sie auch insoweit gegenüber der Beschwerdeführerin Willkür geübt und sie in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht, Zustellung, Zustellungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1472.1998

Dokumentnummer

JFR_10009376_98B01472_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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