RS Vwgh 1999/9/9 99/06/0132

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 09.09.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;

Rechtssatz

Im Beschwerdefall war nicht nur das die Vorstellung beinhaltende Kuvert an die falsche Adresse, nämlich das Amt der Steiermärkischen Landesregierung gerichtet, sondern auch auf der ersten Seite des Schriftsatzes als Adressat der Vorstellung das Amt der Landesregierung angeführt; der Beschwerdevertreter unterfertigte den Schriftsatz. Der Sachverhalt gleicht insofern jenem, der dem E 25.4.1995, 95/05/0084, zugrunde lag. In diesem E hat es der Verwaltungsgerichtshof dahingestellt lassen, ob der Beschwerdevertreter einer Mitarbeiterin im Diktat den Auftrag erteilte, die Vorstellung an die Gemeinde zu richten, weil die Unterfertigung vom einschreitenden Rechtsvertreter selbst auf dem Schriftsatz auf derselben Seite erfolgte, auf der die falsche Adressierung angebracht war. Der Beschwerdevertreter hätte schon bei Aufwendung eines Mindestmaßes an Aufmerksamkeit nicht übersehen dürfen, dass die Adressierung auch auf dem Schriftsatz unrichtig war. Wenn der Beschwerdevertreter, ohne offenbar selbst zu lesen, was deutlich sichtbar auf der ersten Seite des Schriftsatzes angebracht gewesen sei, diesen unterfertigt habe, so könne ihm kein minderer Grad des Versehens zugebilligt werden (Hinweis auf den B 22.10.1992, 92/06/0202). Auch in seinem E 8.10.1990, 90/15/0134, sowie im B 19.1.1990, 89/18/0202, 0203, sowie im B 18.1.1994, 93/14/0199, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn ein berufsmäßiger Parteienvertreter einen Schriftsatz unterfertigt, ohne ihn zu lesen, dies nicht als minderer Grad des Versehens zu qualifizieren sei. An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis des Beschwerdevertreters nichts zu ändern, dass seine Sekretärin "offensichtlich" (eine genaue Angabe kann er über den tatsächlichen Hergang somit nicht machen) "selbständig" gearbeitet hätte. Es ist für die Frage, ob den Beschwerdevertreter nur ein minderer Grad des Versehens trifft, nicht maßgeblich, ob die Erstellung des Deckblattes nach seinen Angaben erfolgte oder von der Sekretärin selbst (inhaltlich) vorgenommen wurde. Gerade in letzterem Fall hätte der Beschwerdevertreter anlässlich der Unterfertigung besonderes Augenmerk auch auf die inhaltliche Richtigkeit der möglicherweise nicht von ihm diktierten Angaben auf dem Schriftsatz richten müssen. Hat er dies nicht getan, kann ihm kein minderer Grad des Versehens zugebilligt werden. Die Tatsache, dass der Beschwerdevertreter in der beschwerdegegenständlichen Bauangelegenheit bereits mehrere Vorstellungen richtig (an die Gemeinde adressiert) eingebracht hat, dokumentiert zwar, dass es sich um ein ausnahmsweises Versehen handelt, ändert aber nichts daran, dass es sich um ein Versehen anlässlich der Unterfertigung des Schriftsatzes handelt, welches sich der Beschwerdevertreter zurechnen lassen muss und hinsichtlich dessen ihm im Lichte der zitierten Rechtsprechung kein minderer Grad des Versehens zugute kommen kann.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999060132.X01

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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