TE Vfgh Beschluss 2005/6/6 V41/05 ua

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Veröffentlicht am 06.06.2005
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
StVO 1960 §43 Abs1, §76b
Wohnstraßenverordnungen des Bürgermeisters der Gemeinde Rabensburg jeweils vom 01.12.04
FahrverbotsV des Bezirkshauptmannes von Mistelbach vom 14.12.04

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge der Mitinhaberin einer Apotheke auf Aufhebung zweier Verordnungen betreffend Erklärung bestimmter Straßenstellen zu einer Wohnstraße sowie einer Fahrverbotsverordnung mangels direkter rechtlicher Betroffenheit der Antragstellerin

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit ihren auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Eingaben begehrt die Antragstellerin die Aufhebung zweier Verordnungen des Bürgermeisters der Gemeinde Rabensburg jeweils vom 1.12.2004 (VO 9/2004; VO 10/2004), womit gemäß §76b StVO bestimmte Straßenstellen zu einer Wohnstraße erklärt wurden (protokolliert zu V41,42/05) sowie einer Verordnung des Bezirkshauptmannes von Mistelbach vom 14.12.2004 (MIS1-D-04121/1) über ein Fahrverbot (protokolliert zu V43/05) als gesetzwidrig.

1.2. Der mit "Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke" überschriebene §29 ApothekenG (RGBl. 1907/5 idF BGBl. I 2004/05) lautet in seinem Abs1:

"Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist."

1.3.1. Die Antragstellerin legt die Vorgeschichte wie folgt dar:

"Ich bin Konzessionärin und Mitinhaberin der öffentlichen Apotheke in ... (Apotheke ...).

        Anfang des Jahres 2004 hat Herr Dr. K P-D, praktischer Arzt

in Rabensburg, mit dem derzeitigen Wohn- und Ordinationssitz ..., bei

der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach um die Erteilung der

Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke angesucht

und dabei angegeben, seine Ordination nach ... zu verlegen. Dies in

der Annahme, dass die Liegenschaft mit dieser Anschrift gemäß §29

Abs1 ApG mehr als 6 Straßenkilometer von der Betriebsstätte der

Apotheke ... in Hohenau entfernt sein würde. Dieses Ansuchen wurde

gemäß §§48 und 53 des Apothekengesetzes von der

Bezirkshauptmannschaft Mistelbach ordnungsgemäß kundgemacht und habe

ich dagegen fristgerecht Einspruch erhoben, und zwar mit der

Begründung, dass die Entfernung der Betriebsstätte der öffentlichen

Apotheke in Hohenau und der Liegenschaft ... in Rabensburg über die

Straßenzüge Hohenau - Liechtensteinstraße - Bäckergasse - Alleegasse

- Glockenturmgasse - Hauptstraße - Bundesstraße 49 -

Rabensburg/Hauptstraße - Quergasse - Arbeitergasse - Feldgasse -

Hauptstraße - Bahnstraße - Karl Schön-Straße nur

5,85 Straßenkilometer, also weniger als 6 Straßenkilometer beträgt.

Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach hat dieses Vorbringen überprüft und dessen Richtigkeit festgestellt, sodass Herr Dr. P-D den ursprünglich von ihm eingebrachten Antrag zurückgezogen hat."

1.3.2. Daraufhin wurden - wörtlich - folgende Verordnungen erlassen:

1.3.2.1. "VO 9/2004

Verordnung

Der Bürgermeister der Marktgemeinde Rabensburg verordnet gemäß §76b Abs1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159, in der derzeit geltenden Fassung folgende Verkehrsbeschränkungen:

Die Gemeindestraße Arbeitergasse verläuft zwischen den Einmündungen in die Quergasse und in die Pfarrgasse und wird im Bereich von der Einfahrt Quergasse Richtung Norden in die Arbeitergasse ab Parz. Nr. 372 (Markwica Margarete Haus Nr. 175) und im Bereich von der Einfahrt Pfarrgasse Richtung Süden in die Arbeitergasse ab Parz. Nr. 278 (Balog Georg und Maria Haus Nr. 329) zur Wohnstraße erklärt.

Diese Verkehrsbeschränkung ist durch Verkehrszeichen gemäß §53 Abs1 Z9c STVO 1960 'Wohnstraße' für die in die Wohnstraße einfahrenden Fahrzeuglenker an nachstehenden Standorten kundzumachen:

-

An der Abzweigung Quergasse im Bereich von der Einfahrt Quergasse Richtung Norden in die Arbeitergasse bei Parzelle Nr. 372 (Markwica Margarete Haus Nr. 175)

-

und an der Abzweigung Pfarrgasse im Bereich von der Einfahrt Pfarrgasse Richtung Süden in die Arbeitergasse, bei Parzelle Nr. 278 ( Balog Georg und Maria Haus Nr. 329)

jeweils sichtbar für die Fahrtrichtung zur Wohnstraße.

Das Ende der Wohnstraße ist durch Verkehrszeichen gemäß §53 Abs1 Z9d, STVO 1960 'Ende der Wohnstraße' für die aus der Wohnstraße ausfahrenden Fahrzeuglenker an der Rückseite der oben genannten Verkehrszeichen kundzumachen.

Ein Auszug aus dem Katasterplan bildet einen Bestandteil der Verordnung.

Diese Verordnung tritt gemäß §44 Abs1 StVO 1960 mit Aufstellung der genannten Verkehrszeichen in Kraft."

1.3.2.2. "VO 10/2004

Verordnung

Der Bürgermeister der Marktgemeinde Rabensburg verordnet gemäß §76b Abs1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159, in der derzeit geltenden Fassung folgende Verkehrsbeschränkungen:

Die unbenannte Gemeindestraße in Rabensburg Teilabschnitt von Parz. Nr. 2195 verläuft nächst dem Pestmarterl zwischen der Kreuzung mit der Bahnstraße, bzw. Karl Schön-Straße und der Josef Zaniat-Straße und wird im Bereich von der Einfahrt Karl Schön-Straße/Bahnstraße Richtung Norden ab Parz. Nr. 1444/12 (Kautz Michaela, Haus Nr. 594) bis zum Bereich von der Einfahrt Josef Zaniat-Straße Richtung Süden ab Parz. Nr. 1382/18 (Hoffmann Stephanie, Bauplatz) zur Wohnstraße erklärt.

Diese Verkehrsbeschränkung ist durch Verkehrszeichen gemäß §53 Abs1 Z9c STVO 1960 'Wohnstraße' für die in die Wohnstraße einfahrenden Fahrzeuglenker an nachstehenden Standorten kundzumachen:

-

An der Abzweigung Karl Schön-Straße/unbenannte Gemeindestraße bei Parzelle Nr. 1444/12 (Kautz Michaela, Haus Nr. 594) Richtung Norden

-

und an der Abzweigung der Josef Zaniat-Straße Parz. Nr. 1382/18 (Hoffmann Stephanie, Bauplatz) Richtung Süden

jeweils sichtbar für die Fahrtrichtung zur Wohnstraße.

Das Ende der Wohnstraße ist durch Verkehrszeichen gemäß §53 Abs1 Z9d STVO 1960 'Ende der Wohnstraße' für die aus der Wohnstraße ausfahrenden Fahrzeuglenker an der Rückseite der oben genannten Verkehrszeichen kundzumachen.

Ein Auszug aus dem Katasterplan bildet einen Bestandteil der Verordnung.

Diese Verordnung tritt gemäß §44 Abs1 StVO 1960 mit Aufstellung der genannten Verkehrszeichen in Kraft."

1.3.2.3. "MIS1-D-04121/1

Verordnung

Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach ordnet gemäß §43 Abs1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der derzeit geltenden Fassung, in der KG Rabensburg, folgende Verkehrsbeschränkungen an:

'Fahrverbot (in beiden Richtungen)' gemäß §52 Z. 1 StVO 1960 mit dem Zusatz 'Ausgenommen Anrainerverkehr' im Zuge der Gemeindestraße 'Feldgasse' im Bereich zwischen der Einmündung in die Landesstraße B 49 und der Kreuzung mit der Gemeindestraße 'Schmiedegasse'.

Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 tritt diese Verordnung mit der Aufstellung der erforderlichen Straßenverkehrszeichen in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 18. Oktober 1994, 10-D-9454/1, außer Kraft."

1.3.3. Weiters bringt die Antragstellerin vor:

"Auf Grund dieser Verordnungen sind die nachstehenden Straßenstücke bzw. Teile von Straßen für den Durchzugsverkehr gesperrt bzw. unpassierbar gemacht worden:

-

Wohnstraße in der Arbeitergasse im Bereich Quergasse bis Feldgasse,

-

Fahrverbot Feldgasse ab Schmiedegasse bis Hauptstraße,

-

Wohnstraße Karl Schön-Straße zwischen Josef Zaniat-Straße,

-

Einbahnregelung Josef Zaniat-Straße 650 bis Bahnstraße.

...

Auf Grund der mit den [angefochtenen Verordnungen] verfügten Änderungen beträgt die Entfernung zwischen der Ordinationsstätte der Apotheke in Hohenau und dem Grundstück Josef Zaniat-Straße 650 nunmehr deutlich mehr als 6 Straßenkilometer. ..."

1.4. Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden Rechtssachen in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

2. Die Anträge sind unzulässig:

2.1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die "unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist." Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger - mit VfSlg. 8058/1977 eingeleiteter - Rechtsprechung ausführt, ist es daher eine grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Betroffenen unmittelbar eingreift und sie - im Fall der Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG für die Antragsbefugnis fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 12.359/1990).

2.2. Zur Frage der Anfechtungslegitimation wird im Antrag ua. ausgeführt, der Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass ihr "durch die Verordnungen das in §29 Abs1 ApothekenG begründete subjektive Recht genommen [würde], dass die Bewilligung für eine Hausapotheke dann nicht erteilt werden [dürfe], wenn der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke weniger als sechs Straßenkilometer entfernt [sei]."

Die Richtigkeit dieser Rechtsmeinung braucht indes gar nicht untersucht zu werden. Denn es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die bekämpften Verordnungen von ihrem Zweck und Inhalt her keinesfalls die Antragstellerin als "Konzessionärin und Mitinhaberin der öffentlichen Apotheke ..." zur Normadressatin haben und darum auch nicht in ihre so gestaltete Rechtssphäre iSd Art139 Abs1 letzter Satz B-VG unmittelbar eingreifen können.

2.3. Der Individualantrag war daher schon aus diesem Grund - mangels Legitimation - als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Fahrverbot, Wohnstraße, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V41.2005

Dokumentnummer

JFT_09949394_05V00041_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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