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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Aufhebung eines Teils der FahrverbotsV der BH Eisenstadt-Umgebung vom 30.09.93 wegen Gesetzwidrigkeit mangels Durchführung eines Ermittlungs- und Anhörungsverfahrens sowie wegen gleichheitswidriger Ausnahme aller Bewohner der betreffenden Gemeinden (und nicht bloß der Anrainer) vom FahrverbotRechtssatz
Punkt 5. der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 30.09.93, Z10/03/13/15, kundgemacht durch Anbringung der Vorschriftszeichen gemäß §52 lita Z1 StVO 1960 am 19.10.93, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Zweck einer Verordnung nach §43 Abs1 StVO 1960 ist der Schutz vor den Gefahren des Straßenverkehrs (vgl. VfSlg. 8984/1980) und nicht die Sperre eines durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet führenden - zwar nicht als Durchzugsstraße erbauten - Güterweges für den allgemeinen Verkehr. Wie jedoch deutlich aus den Verordnungsakten hervorgeht, bezweckt die Fahrverbotsverordnung ausschließlich, das Verkehrsaufkommen auf dem Güterweg und den Verbindungsstraßen in den Gemeinden Siegendorf und St. Margarethen zu verringern und dadurch entstehende Gefahrensituationen für die betroffene Bevölkerung hintanzuhalten. Zur Verwirklichung einer solchen Intention kann aber nur §43 Abs2 StVO 1960 eine gesetzliche Grundlage bilden und es ist dazu vor Verordnungserlassung die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens notwendig, um die gemäß §43 Abs2 2. Satz StVO 1960 gebotene Interessenabwägung vornehmen zu können. Daß ein solches Ermittlungsverfahren von der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung durchgeführt wurde, ist aus den Verordnungsakten nicht ersichtlich und wird von der verordnungserlassenden Bezirkshauptmannschaft auch nicht behauptet.
Die gegenständliche Verordnung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung auf §43 Abs1 litb StVO 1960 gestützt. Auch hier hat die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unterlassen und sich allein auf die Vorbringen der Bürgermeister der Gemeinden Siegendorf und St. Margarethen gestützt sowie diesbezüglich auch den Einwand des Vertreters des Bezirksgendarmeriekommandos außer Acht gelassen.
Es fehlt daher sowohl an der im Zuge der Entscheidungsfindung gebotenen, inhaltlichen Auseinandersetzung mit den auch anläßlich der Ortsaugenscheinverhandlung abgegebenen Äußerungen als auch an der notwendigen Untersuchung der entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente bzw. Gefahren oder Belästigungen, denen die Anrainer des vom Fahrverbot erfaßten Güterweges durch den Verkehr ausgesetzt sind, sowie schließlich an einer Analyse der Bedeutung dieser Straße für Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse und einer Berücksichtigung größerer Verkehrszusammenhänge.
Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg. 13482/1993 ausgesprochen, daß zusätzlich zum Anrainer- und Zustellverkehr verfügte Ausnahmen von einem Fahrverbot für Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die ihren Standort im räumlichen Geltungsbereich der Fahrverbotsverordnung haben, dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.
Gleiches trifft auf die Ausnahmeregelung der gegenständlichen Fahrverbotsverordnung zu: Ganz allgemein die Bewohner der Gemeinden Siegendorf und St. Margarethen von der genannten Fahrverbotsverordnung auszunehmen, bedeutet, daß diese Bewohner den Güterweg befahren dürfen, den Bewohnern anderer Gemeinden dies jedoch verwehrt ist. Für die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung der Bewohner anderer Gemeinden vermag der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Straßenpolizei, Fahrverbot, Verordnungserlassung, Anhörungsrecht, ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:V74.1998Dokumentnummer
JFR_10008984_98V00074_01