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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Widerspruch des Bgld StandortabgabeG 1995 zur Finanzverfassung mangels Vorliegen einer bundesgesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung gleichartiger Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand (hier: Standortabgabe und Altlastenbeitrag); Gesetzlosigkeit einer Standortabgabeverordnung nach Aufhebung der gesetzlichen GrundlageRechtssatz
Legitimation der Beschwerdeführerin im Anlaßverfahren zur Prüfung des Bgld StandortabgabeG 1995 gegeben.
Die belangte Behörde hat zwar dem Einwand der fehlerhaften Ermittlung der der Berechnung der Abgabenhöhe zugrundeliegenden Ablagerungsmenge Rechnung getragen und den Bescheid des Gemeinderates deswegen aufgehoben; gleichzeitig hat sie jedoch den (zusätzlichen) Einwand der beschwerdeführenden Gesellschaft, es liege keine Einbringung von Abfällen in eine Deponie vor, sondern eine Wiederverfüllung einer ehemaligen Schottergrube, sodaß der Steuertatbestand des §5 Abs1 Bgld StandortabgabeG 1995 nicht erfüllt sei, ausdrücklich verworfen. Da die Marktgemeinde Potzneusiedl im zweiten Rechtsgang an diese Rechtsauffassung der belangten Behörde gebunden wäre, ist ein Eingriff in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei durch den Vorstellungsbescheid iS der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes jedenfalls möglich (vgl. VfSlg. 14954/1997).
Das Gesetz vom 17.05.95 über eine Abgabe für die Verwendung von Grundflächen für das Betreiben einer Deponie (Bgld StandortabgabeG 1995), LGBl. 52/1995, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Gleichartigkeit (iSd. §8 Abs3 F-VG 1948) der bgld. Standortabgabe nach dem Bgld StandortabgabeG 1995 und dem Altlastenbeitrag (einer ausschließlichen Bundesabgabe gemäß §6 Abs1 Z3 FAG) nach dem AltlastensanierungsG zweifeln ließe. Der Verfassungsgerichtshof sieht insbesondere keine Veranlassung, von seiner im Erkenntnis VfSlg. 14688/1996 dargelegten Rechtsauffassung, auf welcher der Prüfungsbeschluß beruht, abzugehen. Angesichts der erwiesenen Gleichartigkeit der beiden Abgaben, die beide von demselben Besteuerungsgegenstand - nämlich dem Deponieren oder nach der Diktion des AltlastensanierungsG idF BGBl. 201/1996 dem langfristigen Ablagern von Abfällen (vgl. zur Identität dieser Begrifflichkeiten §2 Abs11 AbfallwirtschaftsG) - erhoben werden, bedarf das Bgld StandortabgabeG 1995 zu seiner Verfassungsmäßigkeit gemäß §8 Abs3 F-VG 1948 einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Ermächtigung.
Eine derartige Ermächtigung liegt nicht vor. An der Notwendigkeit einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung einer gleichartigen Abgabe der Gemeinden von demselben Besteuerungsgegenstand gemäß §8 Abs3 F-VG 1948 hat auch §6 Abs2 F-VG 1948 idF BGBl. 686/1988 (bis 31.12.1995 vgl. ArtIII Abs1, BGBl. 686/1988 idF BGBl. 30/1993; ab 1.5.1996 vgl. §17 Abs3a idF BGBl. 201/1996) nichts geändert.
Wegen der Aufhebung des Bgld StandortabgabeG 1995 fehlt der in Prüfung gezogenen Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Potzneusiedl vom 24.08.95 über die Ausschreibung einer Standortabgabe sowie der liti der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Potzneusiedl vom 22.12.95, wodurch die Wirksamkeit der Verordnung vom 24.08.95 auf das Finanzjahr 1996 erstreckt wird, die gemäß §8 Abs5 F-VG erforderliche gesetzliche Grundlage. Die Verordnung vom 24.08.95 sowie die betreffende Verordnungsbestimmung in der Verordnung vom 22.12.95 waren daher wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.
(Anlaßfälle: E v 30.11.99, B2315/98 und B2316/98; Quasi-Anlaßfälle:
E v 30.11.99, B999/99 und B1000/99 - Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Legitimation, VfGH / Anlaßverfahren, Altlastensanierung, Abfallwirtschaft, Mülldeponie, Standortabgabe, Finanzverfassung, Abgaben gleichartigeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G104.1999Dokumentnummer
JFR_10008870_99G00104_01