RS Vfgh 1999/12/15 WI-2/99

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Veröffentlicht am 15.12.1999
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 dritter Satz
B-VG Art141 Abs1 lita
VfGG §68 Abs1
VfGG §70 Abs1
Sbg GdWO 1998 §70 Abs1 Z4
Sbg GdWO 1998 §71 ff
Sbg GdWO 1998 §83

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung einer Gemeinderatswahl; teilweise keine hinreichende Substanziierung des Vorbringens; kein Einfluss auf das Wahlergebnis durch unrichtige Bewertung der Gültigkeit von fünf Stimmzetteln sowie durch teilweise Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens infolge vorzeitiger Unterfertigung der Niederschriften durch Mitglieder der Gemeinde(Sprengel)wahlbehörde

Rechtssatz

Zulässigkeit der Anfechtung einer Gemeinderatswahl.

Die SPÖ strebt in ihrer Anfechtungsschrift nicht die - dem Einspruchsverfahren nach §83 Sbg GdWO 1998 vorbehaltene - Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr die Wertung von Stimmzetteln als für eine andere Partei abgegeben oder als gültig überhaupt sowie weitere ebenfalls in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende Umstände, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.

Ebenso E v 03.12.99, WI-1/99 und WI-4/99.

Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl der Gemeindevertretung der Gemeinde Neumarkt am Wallersee vom 07.03.99.

Keine hinreichende Substanziierung der behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens im Wahlsprengel 1.

Es wird nämlich in keiner Weise dargelegt, welche der letztlich als gültig und für die ÖVP abgegeben gewerteten Stimmzettel nach Meinung der Anfechtungswerberin und auf Grund welcher Überlegungen als ungültig zu befinden gewesen wären. Die bloße Behauptung, dass diese zuvor als ungültig bezeichnet worden waren, ist zu abstrakt gehalten.

Auf den von der Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels 3 als gültig (und für die ÖVP abgegeben) gewerteten Stimmzetteln sind das eine Mal die neben den Kurzbezeichnungen ÖVP und SPÖ vorgedruckten Kreise, das andere Mal die neben den Kurzbezeichnungen ÖVP und UWN vorgedruckten Kreise mit Kreuzen oder anderen Zeichen versehen, also - in strikter Wortinterpretation des §70 Abs1 Z4 Sbg GdWO 1998 - "angezeichnet". Die Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels 3 hat darum die beiden strittigen Stimmzettel zu Unrecht als gültig ausgefüllt (und für die ÖVP abgegeben) gewertet.

Die Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels 5 hat einen Stimmzettel zu Unrecht als für die ÖVP abgegeben gewertet; er wäre als gültig für die SPÖ zu werten gewesen. Darüberhinaus befinden sich in dem dem Verfassungsgerichtshof unverschlossen vorgelegten Kuvert zum Einen nicht die auf der Aufschrift angeführte und der Niederschrift der betreffenden Sprengelwahlbehörde entsprechende Anzahl von 149 Stimmzetteln, sondern lediglich 148. Des Weiteren finden sich unter diesen (für die ÖVP als gültig gewerteten) Stimmzetteln (im Wahlsprengel 5) zwei ungültige Stimmzettel:

Der eine weist in sämtlichen neben den Parteikurzbezeichnungen vorgedruckten Kreisen je ein liegendes Kreuz auf, der andere in dem

neben der Kurzbezeichnung ÖVP vorgedruckten Kreis ein Kreuz, in dem

neben der Kurzbezeichnung SPÖ vorgedruckten Kreis eine wellenartige Linie und in dem neben der Kurzbezeichnung FPÖ vorgedruckten Kreis einen etwa in der Mitte des Kreises angebrachten senkrechten Strich, der den Kreis fast zur Gänze durchzieht.

Das Erfordernis eines Einflusses auf das Wahlergebnis iSd Art141 Abs1 dritter Satz B-VG (§70 Abs1 VfGG) ist nicht erfüllt.

Wenn man nämlich von der Parteisumme der ÖVP sechs Stimmen (4 ungültig ausgefüllte Stimmzettel, 1 für die SPÖ abgegebener und der fehlende 149.) abzieht und der Parteisumme der SPÖ zwei Stimmen, nämlich eine für sie abgegebene und eine weitere Stimme, hinzufügt, ergibt sich Folgendes: In Anbetracht der für diesen Fall errechneten Wahlzahl von 110,1, als das 1/10 der Parteisumme der ÖVP in der korrigierten Höhe von 1101 Stimmen, fiele nämlich das 10. Mandat wiederum der ÖVP zu und würde die SPÖ mit ihrer Parteisumme in der korrigierten Höhe von 876 Stimmen ein 8. Mandat nicht erreichen.

Es liegt auf der Hand, dass die Mitglieder (Beisitzer) bzw Ersatzmitglieder der Gemeinde(Sprengel)Wahlbehörde, indem sie die Niederschriften - zu einem Zeitpunkt, zu dem die im Sinne des §71 Abs5 iVm §73 bzw §74 Sbg GdWO 1998 zu treffenden Feststellungen noch nicht zur Gänze beurkundet sein konnten - vorweg unterschrieben haben, rechtswidrig gehandelt haben. Die solcher Art konstatierte Rechtswidrigkeit führt aber nicht zur Aufhebung des Wahlverfahrens oder bestimmter Teile desselben, weil sie nicht von Einfluss auf das Wahlergebnis sein konnte:

Selbst von der Anfechtungswerberin wird nämlich nicht behauptet, dass es im Zusammenhang mit den vom Vorsitzenden der Gemeinde(Sprengel)Wahlbehörde selbständig durchgeführten Amtshandlungen zu Manipulationen gekommen wäre, die zu einer Veränderung des Wahlergebnisses (s E v 06.10.98, WI-3/97) oder dazu geführt hätten, dass eine verlässliche Ermittlung des Wahlergebnisses durch die hiezu zuständigen Instanzen - objektiv - nicht mehr gewährleistet gewesen wäre (s VfSlg 14847/1997).

Entscheidungstexte

  • W I-2/99
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.12.1999 W I-2/99

Schlagworte

Wahlen, Wahlanfechtung administrative, Stimmzettel, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:WI2.1999

Dokumentnummer

JFR_10008785_99W00I02_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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