RS Vfgh 2000/6/16 B306/99

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Veröffentlicht am 16.06.2000
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

EMRK Art8 Abs2
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenG 1997 §10 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Versagung einer Niederlassungsbewilligung an ein etwa 4-jähriges Kind aufgrund unrechtmäßiger Einreise nach Österreich; schwerwiegender Mangel der Bescheidbegründung; verfehlte Interessenabwägung im Hinblick auf die in Österreich lebende Familie des Beschwerdeführers

Rechtssatz

Wenn die belangte Behörde den Versagungsgrund des §10 Abs1 Z3 FremdenG 1997 auf die von ihr angenommene Sachlage anwendet, daß der minderjährige Beschwerdeführer von seinem Vater entgegen bestehender Sichtvermerkspflicht ohne Besitz eines Sichtvermerks nach Österreich gebracht wurde und sich hier aufhält, so ist ihr - sofern nicht überhaupt eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung vorliegt - zumindest ein schwerwiegender Mangel der Bescheidbegründung anzulasten, weil sie nicht einmal andeutungsweise erklärt, weshalb die in Rede stehende Gesetzesvorschrift, welche einen absoluten Versagungsgrund festlegt, entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch in Fällen, in denen das Fehlen des erforderlichen Sichtvermerks von den Grenzbeamten nicht beanstandet wurde, Platz greifen soll. Weiters ist auch - im Hinblick auf die aktenkundige Eintragung des Beschwerdeführers im Reisepaß seiner Mutter und das Vorbringen des Vaters über die Modalitäten der Einreise (keine Fragestellung durch die Grenzkontrollorgane ob ein Visum vorliegt) - anzunehmen, daß der Versagungsgrund der Umgehung der Grenzkontrolle nach §10 Abs1 Z4 FremdenG 1997 nicht vorliegt.

Die von der belangten Behörde unter dem Aspekt des Art8 Abs2 EMRK vorgenommene Interessenabwägung ist wohl gleichfalls verfehlt. Es erscheint nämlich auf dem Boden der gegebenen Sachlage und vor allem unter Bedachtnahme auf die von der Behörde nur nebenher erwähnte familiäre Situation des Beschwerdeführers die Annahme als schlechthin unverständlich, weshalb beim minderjährigen Beschwerdeführer, einem - wie schon erwähnt wurde - damals etwa 4-jährigen Kind, trotz der Lebensführung innerhalb der in Österreich seßhaften Familie (beide Elternteile und die Schwester) "keinerlei soziale Integration in Österreich vorhanden ist".

Entscheidungstexte

Schlagworte

Fremdenrecht, Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B306.1999

Dokumentnummer

JFR_09999384_99B00306_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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