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27 RechtspflegeNorm
EMRK Art6 Abs1 / VerfahrensgarantienLeitsatz
Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit durch Unterbleiben der rechtzeitigen Inkenntnissetzung des beschwerdeführenden Rechtsanwaltes von der Äußerung des Kammeranwaltes im Verfahren vor der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und RechtsanwaltsanwärterRechtssatz
Die Verfahrensgarantien nach Art6 EMRK finden im Disziplinarverfahren vor der OBDK Anwendung (vgl. bereits VfSlg. 11512/1987, jüngst VfGH 08.06.99, B2966/97).
Dem Beschwerdeführer hätte die Äußerung des Kammeranwaltes übermittelt werden müssen, um ihm auf diese Weise die Gelegenheit einer Replik zu geben. Der Wortlaut des §48 DSt 1990 steht dieser verfassungsgesetzlich gebotenen Vorgangsweise jedenfalls nicht im Wege. Der im §48 Abs3 DSt 1990 geregelte Anspruch des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht ist nicht ausreichend, um den Garantien des Art6 EMRK zu genügen (vgl. EGMR im Fall Brandstetter v 28.08.91 sowie Fall Bulut gg. Österreich v 22.02.96 und VfSlg. 14790/1997). Im Unterbleiben der rechtzeitigen Inkenntnissetzung hat der Beschwerdeführer im Verfahren vor der OBDK gegenüber der "Anklageseite" einen Informationsnachteil erlitten, der ihn im Hinblick auf den "Grundsatz der Waffengleichheit" in seinem gemäß Art6 EMRK gewährleisteten Recht verletzt.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, Akteneinsicht, Waffengleichheit (Disziplinarverfahren), fair trialEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B412.1998Dokumentnummer
JFR_09999379_98B00412_01