RS Vfgh 2000/6/29 V8/99

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Veröffentlicht am 29.06.2000
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 5040. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 10.12.74
Wr BauO 1930 §1
Wr BauO 1930 §9
Wr BauO 1930 §63

Leitsatz

Zulässigkeit des Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines Wiener Plandokuments; kein zumutbarer Umweg; unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Erstantragstellers aufgrund der Beschränkung der Nutzungsintensität durch die Widmungsart Grünland-Schutzgebiet-Wald- und Wiesengürtel; keine Gesetzwidrigkeit dieser Widmung im Hinblick auf das Ziel der Vorsorge und Erhaltung des Wald- und Wiesengürtels; ausreichende Grundlagenforschung; keine punktuelle Umwidmung zu Lasten des Erstantragstellers; Zurückweisung des Individualantrags des zweitantragstellenden, nicht grundbücherlichen Eigentümers des vom Antrag erfassten Grundstücks; Zurückweisung des Antrags des Drittantragstellers infolge unzureichender Umschreibung des Prüfungsgegenstandes

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags auf teilweise Aufhebung des Plandokuments Nr 5040.

Kein zumutbarer Umweg.

Im gegebenen Zusammenhang kommt insbesondere die Erwirkung eines Bescheides, durch den die Bebauungsbestimmungen bekannt gegeben werden, iSd §9 Wr BauO 1930 nicht in Betracht, weil gemäß Abs7 dieses Paragraphen eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist, eine Berufung gegen einen solchen Bescheid vielmehr nur mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden kann, der sich auf die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt (vgl. dazu VfSlg. 12.743/1991).

Die Festlegung der Widmungsart Grünland-Schutzgebiet-Wald- und Wiesengürtel für das Grundstück des Erstantragstellers greift in dessen Rechtssphäre unmittelbar ein. Denn gemäß §6 Abs3 Wr BauO 1930 dürfen im Wald- und Wiesengürtel nur Bauten kleineren Umfanges errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, ferner die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung notwendigen Bauten auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan vorgesehen sind; alle diese Räume dürfen keine Wohnräume enthalten. Eine Baubewilligung gemäß §60 Abs1 lita und litc leg. cit. dürfte daher - jedenfalls soweit diese Gebäude Wohnräume enthalten - nicht erteilt werden. Die vom Antragsteller behauptete Nutzungseinschränkung trifft daher zu.

Keine Gesetzwidrigkeit der Widmung Grünland-Schutzgebiet-Wald- und Wiesengürtel im Plandokument Nr 5040 für das im Eigentum des Erstantragstellers stehende Grundstück.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung im E v 14.10.99, B1323/97 ua, kann der Verfassungsgerichtshof - auf Grund der vorgelegten Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung - nicht finden, dass der Erlassung des Plandokumentes 5040 keine ausreichende Grundlagenforschung vorangegangen ist. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine einseitige und selektive Abwägung ausgewählter Ziele. Dass der Verordnungsgeber dem Ziel der Vorsorge und Erhaltung für der Erholung dienende Grünflächen, insbesondere des Wald- und Wiesengürtels in einem derart sensiblen Bereich des Wiener Stadtgebietes den Vorrang vor anderen Zielen, wie etwa der Vorsorge für Flächen für den Wohnraum eingeräumt hat, erscheint dem Verfassungsgerichtshof sachlich gerechtfertigt.

Dem Verordnungsgeber kann auch nicht vorgeworfen werden, punktuelle Umwidmungen - zu Lasten des Erstantragstellers - vorgenommen zu haben.

Mit dem Hinweis auf eine - allenfalls rechtswidrige - Widmung in einem anderen Bereich ist nichts zur Frage der Sachlichkeit der bekämpften Flächenwidmung zu gewinnen.

Zurückweisung des Individualantrags des Zweitantragstellers.

Flächenwidmungs- und Bebauungspläne in Wien sind durch den Grundeigentümer unmittelbar anfechtbar. Soweit sich jedoch die Regelungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes nicht auf die im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücke beziehen, sind diese in ihrer Rechtssphäre - grundsätzlich - nicht betroffen. Durch einen Kaufvertrag allein kann Eigentum im Sinn der hier maßgeblichen baurechtlichen Vorschriften nicht begründet werden (vgl. VfSlg. 13.271/1992). Der Zweitantragsteller behauptet im Übrigen selbst, nicht grundbücherlicher Eigentümer zu sein.

Der Individualantrag der Drittantragstellerin (über dessen Begehren der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung nicht hinausgehen darf) erweist sich - soweit er die Grundstücke, deren Widmung angefochten wird, mit der Einlagezahl und den Grundstücksnummern bezeichnet - deshalb als unzulässig, weil der Flächenwidmungsplan bzw. das einen integrierenden Bestandteil der Verordnung darstellende Plandokument 5040 die Liegenschaften bzw. die Grundstücke nicht mit einer Einlagezahl oder mit Grundstücksnummern bezeichnet, sondern mit Straßenbezeichnungen und Hausnummern. Im Antragsbegehren ist zwar auch die Straßenbezeichnung mit "Eichelhofstraße 2B" angegeben. Im angefochtenen Plandokument ist jedoch die Bezeichnung "Eichelhofstraße 2B" nicht erkennbar.

Entscheidungstexte

  • V 8/99
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 29.06.2000 V 8/99

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:V8.1999

Dokumentnummer

JFR_09999371_99V00008_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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