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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch denkunmögliche Auslegung des Begriffs "unbebautes Grundstück" bei Erteilung einer Baubewilligung und Abweisung von Anrainereinwendungen der beschwerdeführenden Gesellschaft; Wertung eines Grundstücks als unbebaut nur bei Fehlen einer in Bezug auf die jeweils relevante Immission empfindlichen Bebauung; bisherige Nutzung des fraglichen Nachbargrundstücks zu Betriebszwecken; keine Bedenken gegen die zugrundeliegenden Widmungen als "Wohngebiet" bzw als "gemischtes Baugebiet"Rechtssatz
Mit dem vom Gemeinderat der Stadt Wels am 22.11.90 beschlossenen Flächenwidmungsplan Nr 2/1991 wurden die Widmungen des Grundstückes des geplanten Wohnobjektes, Grst Nr 858/3, und der beschwerdeführenden Gesellschaft gehörenden Grundstücke Nr 126/1, 126/2, KG Lichtenegg, als "Wohngebiet" bzw. letzteres als "gemischtes Baugebiet" beibehalten. Angesichts der Gesamtkonzeption der Flächenwidmung in diesem Bereich bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der konkreten Widmungen.
Obwohl die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrer Beschwerde nicht ausdrücklich die gleichheitswidrige Auslegung des §31 Abs5 Oö BauO 1994 behauptet, macht sie doch die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend.
Der Verfassungsgerichtshof geht angesichts seiner Rechtsprechung und dem durch §3 Z4 iVm §2 Z36 Oö BautechnikG zum Ausdruck kommenden Zweck der Sicherung der Qualität der Wohnverhältnisse in Zusammenschau mit der Wortfolge "Bestimmungen (...) des Flächenwidmungsplanes (...), die (...) dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen" im §31 Abs4 leg cit Oö BauO 1994 davon aus, dass der Abs5 des §31 leg cit folgendermaßen auszulegen ist: Das Grundstück gilt nur dann als bisher unbebaut, wenn es bisher keine in Bezug auf die jeweils relevante Immission empfindliche Bebauung aufweist. Unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes besteht ein gravierender Unterschied, ob das Nachbargrundstück einer Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Baubewilligung dieser Betriebsanlage mit einem Wohn- oder Betriebsgebäude bebaut war. Im früheren Betriebsanlagengenehmigungsverfahren war bei der Beurteilung der Immissionen auf das Nachbargrundstück davon auszugehen, dass dieses ebenfalls betrieblich genutzt wird und keines besonderen Immissionsschutzes bedarf.
Die belangte Behörde hätte angesichts dieser Judikatur die Wortfolge "unbebautes Grundstück" im §31 Abs5 Oö BauO 1994 verfassungskonform auslegen müssen. Sie hätte weiters ihrer Subsumtion die Tatsache zugrundelegen müssen, dass frühere Bauten auf dem Grundstück Nr 858/3 - wie sich aus dem behördlichen Vorbringen und dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft ergibt - zu Betriebszwecken genutzt worden sind.
Schlagworte
Auslegung eines Antrages, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baurecht, Nachbarrechte, Determinierungsgebot, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B2815.1997Dokumentnummer
JFR_09999370_97B02815_01