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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht bei Erstattung einer Strafanzeige gegen einen BerufskollegenRechtssatz
Die belangte Behörde hat das inkriminierte Verhalten als Verletzung einer durch verfestigte Standesauffassung festgelegten Berufspflicht, nämlich einer besonderen Erkundigungs- und Prüfungspflicht beim Erstatten einer Strafanzeige, qualifiziert. Weiters sieht die belangte Behörde §9 Abs1 RAO als verletzt an: Dem Beschwerdeführer falle zur Last, daß er die Strafanzeige verfrüht, nämlich ohne Untermauerung durch den unzweifelhaften Inhalt einer unbedenklichen - und beschaffbaren - Urkunde erstattet habe. Aus diesen Gründen hat die OBDK das Verhalten des Beschwerdeführers §1 Abs1 DSt 1990 unterstellt und damit dem Klarheitsgebot des Art7 EMRK entsprochen.
Dem Beschwerdeführer wurde seitens der OBDK nicht zur Last gelegt, daß er überhaupt eine Strafanzeige eingebracht habe (vgl. VfSlg. 12096/1989), sondern daß er sie "leichtfertig", nämlich bei unklarer Beweis- und Rechtslage erstattet habe.
Der Schuldspruch ist vom Einleitungsbeschluß gedeckt. Der Disziplinarbehörde oblag es im Zuge des Disziplinarverfahrens zu untersuchen, ob der im Einleitungsbeschluß erhobene Vorwurf zutreffe, und im Disziplinarerkenntnis zu konkretisieren, inwiefern zutreffendenfalls Ehre und Ansehen des Standes verletzt wurden.
Schlagworte
nulla poena sine lege, Rechtsanwälte, Disziplinarrecht RechtsanwälteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B1658.1999Dokumentnummer
JFR_09999074_99B01658_01