RS Vfgh 2000/9/28 B100/98

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Veröffentlicht am 28.09.2000
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
Plandokument Nr 6365. Beschluß des Wr Gemeinderates vom 22.01.93
Wr BauO 1930 §1
Wr BauO 1930 §1 Abs2 Z11, Z12, Z14
Wr BauO 1930 §6 Abs6
Wr BauO 1930 §7
Wr BauO 1930 §78
Wr BauO-Nov LGBl 10/1996 ArtII

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Änderung eines Plandokumentes betreffend das Museumsquartier Wien; keine grobe Vernachlässigung des örtlichen Stadtbildes; keine Bedenken gegen die Festlegung einer geänderten Bauklasse; keine Bedenken gegen die Kundmachungsregelung der Übergangsbestimmung der Wr BauO-Nov 1996; keine gesetzwidrige Kundmachung der Überleitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans; keine willkürliche oder denkunmögliche Abweisung von Einwendungen der beschwerdeführenden Nachbarn hinsichtlich der zu erwartenden Lärmbelästigungen

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen die Kundmachungsbestimmung des ArtII Abs1 der Wr BauO-Nov LGBl 10/1996.

Es steht dem Gesetzgeber - insbesondere innerhalb der durch das Rechtsstaatsgebot gezogenen Grenzen - frei, die Form der Kundmachung von Verordnungen zu wählen (vgl VfSlg 4546/1963). Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken dagegen, dass gemäß dem neuen §1 Wr BauO 1930 jede Beschlussfassung über Flächenwidmungs- und Bebauungspläne sowohl im Amtsblatt der Stadt Wien als auch im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundzumachen ist, während die Verordnungen des Stadtsenates, mit denen alte Flächenwidmungs- und Bebauungspläne übergeleitet werden, gemäß der Übergangsbestimmung des ArtII der Bauordnungsnovelle LGBl 10/1996 nur im Amtsblatt der Stadt Wien kundgemacht werden müssen. Die Kundmachungsbestimmung des ArtII stellt somit eine lex specialis zur Kundmachungsregelung des §1 Wr BauO 1930 dar.

Keine Gesetzwidrigkeit der im Amtsblatt der Stadt Wien Nr 25 vom 20.06.96 kundgemachten Verordnung des Stadtsenates über die Überleitung des Plandokuments 6365.

Die Verordnung ist mit Ablauf des Tages der Kundmachung erlassen. Der Tag der Beschlussfassung durch die kollegial zusammengesetzte Verwaltungsbehörde ist daher für den zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung nicht von Bedeutung. Fehlt bei der Kundmachung der Verordnung die Angabe des Datums der Willensbildung des Kollegialorgans, so hat dies keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung zur Folge.

Keine Bedenken gegen die Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes im Bereich des Messepalastes für das geplante Museumsquartier durch das Plandokument 6365.

Die Absicht, ein komplexes und 45.000 m² großes Gelände - wie die ehemaligen kaiserlichen Hofstallungen - gemäß dem aus einem Architekten-Wettbewerb hervorgegangenen Projekt zu einem Museumsquartier für Wien umzugestalten, ist für sich allein ein ausreichender wichtiger und sachlicher Grund, den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan so abzuändern, dass das in Aussicht genommene Vorhaben darin seine Deckung findet.

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass der Verordnungsgeber bei der Regelung der Rahmenbedingungen für ein zu schaffendes Museumsquartier das Ziel "örtliches Stadtbild" gegenüber anderen Zielen grob vernachlässigt hat: Die aus raumplanerischer Sicht zu treffende Entscheidung, ob und welche Teile der alten Bausubstanz der ehemaligen Hofstallungen erhalten bleiben sollen und in welchem Ausmaß Neubauten in diesem Gebiet zulässig sein sollen, liegt in der planerischen Gestaltungsfreiheit der Stadt Wien.

Den vorgebrachten Bedenken gegen die Erhöhung der Bauklasse für das geplante Museum Moderner Kunst gegenüber dem Altbestand (Bauklasse II) auf Bauklasse VI (einzuhaltende Gebäudehöhe 30-36 m) kann der Verfassungsgerichtshof nicht folgen. Durch die Festlegung der Bauklasse VI wurde die Bebaubarkeit der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegenüber dem früheren Plandokument 5927 nicht eingeschränkt. Der Lichteinfall gemäß §78 Wr BauO 1930 auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer ist bei Verbauung entsprechend dem Plandokument 5927 sichergestellt. Die durch das Plandokument 5927 ausgewiesene Schutzzone (§7 Wr BauO 1930) wurde durch das Plandokument 6365 nicht aufgehoben.

Keine willkürliche oder denkunmögliche Abweisung von Einwendungen der Nachbarn gegen die Bewilligung zur Errichtung des Museumsquartiers für Wien hinsichtlich der zu erwartenden Lärmbelästigungen.

Die belangte Behörde hat einerseits ausführlich begründet, weshalb sie die beantragte Lärmpegelmessung und die Einholung von lärmtechnischen sowie von medizinischen Gutachten nicht für erforderlich erachtet hat; andererseits hat sie eine Lärmbeeinträchtigung auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer durch Lüftungsanlagen ausgeschlossen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Ortsbildschutz, Nachbarrechte, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Derogation, lex specialis, Übergangsbestimmung, Rechtsüberleitung, Verordnungserlassung, Verordnung Kundmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B100.1998

Dokumentnummer

JFR_09999072_98B00100_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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