TE Vfgh Erkenntnis 2005/6/13 V81/03

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Veröffentlicht am 13.06.2005
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 6665. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 26.06.96
Wr BauO 1930 §1, §59
Wr KleingartenG §8
Wr WeinbauG §1, §8

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Wiener Plandokuments hinsichtlich der Umwidmung von Grundstücken von "Grünland - Erholungsgebiet Kleingartengebiet" in "Grünland - ländliches Gebiet" mit gleichzeitiger Festlegung eines absoluten Bauverbotes wegen Fehlens einer ausreichenden Grundlagenforschung und der gebotenen Interessenabwägung; keine Erforderlichkeit der Umwidmung aus wichtigen Rücksichten im Sinne der Wr Bauordnung, auch nicht im Hinblick auf die Ausweisung der Grundstücke als Weinbaufluren

Spruch

I. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 26. Juni 1996, Pr.Zl. 85 GPS/96 (Plandokument Nr. 6665), Beschlussfassung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 11. Juli 1996, Nr. 28, S. 31, wird insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als sie für eine Grundfläche, die in dem Bereich östlich der Verkehrsfläche mit der Nr. 12305 und des Wasserbehälters Hackenberg, nördlich des Hackenbergweges (Verkehrsfläche Nr. 1704), südlich des Ährengrubenweges (Verkehrsfläche Nr. 12453) und westlich des Sieveringer Friedhofes liegt, die Festlegungen "L" ("Grünland - ländliches Gebiet") und "BB 2" (Verbot der Errichtung von Gebäuden und baulichen Anlagen) trifft.

Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt für Wien verpflichtet.

II. Die Stadt Wien ist schuldig, dem Antragsteller zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.142,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke Nrn. 504 und 506, beide KG Obersievering. Diese Grundstücke waren vor Erlassung des angefochtenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes PD 6665 zumindest seit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan PD 2454 (Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom 17. Juli 1953) als "Grünland - Erholungsgebiet Kleingarten" gewidmet. Nunmehr lautet die Widmung auf "Grünland/ländliches Gebiet BB 2", wobei gemäß Punkt II.4.4.1. des Textteiles des angefochtenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes

"innerhalb der mit BB2 bezeichneten und als Grünland/Ländliches Gebiet gewidmeten Grundflächen [...] keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden [dürfen]."

2. Der Antragsteller bekämpft gemäß Art139 B-VG

"die Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1996, Pr. Zl. 85 GPS/96, Plandokument 6665, Beschlußfassung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28 vom 11.7.1996,

a) soweit diese Verordnung für eine Grundfläche, die in dem Bereich östlich der Verkehrsfläche mit der Nr 12305 und des im Plan ersichtlichen Wasserbehälters Hackenberg, nördlich des Hackenbergweges (Verkehrsfläche mit der Nr 1704), südlich des Ährengrubenweges (Verkehrsfläche mit der Nr 12453) sowie westlich des Sieveringer Friedhofs liegt und im Plan anhand der Signaturen 'L' und 'BB 2' sowie - im Gegensatz zu den östlich und westlich angrenzenden Grundflächen - aufgrund des Fehlens von Gebäuden erkennbar ist, die Widmung Grünland-ländliche Gebiete sowie besondere Bebauungsbestimmungen folgenden Inhalts festlegt: Es dürfen keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden,

hilfsweise

b) die unter a) genannte Verordnung hinsichtlich der dort beschriebenen Grundflächen, soweit diese im Eigentum des Antragstellers stehen (Grundstücke GSt-Nrn. 504 und 506, KG Obersievering),

hilfsweise

c) die genannte Verordnung, soweit sie sich auf die unter a) beschriebene Grundfläche mit Ausnahme eines an deren östlichem Rand verlaufenden Weges mit einer Breite von ca 1 m, der im Eigentum Dritter steht, bezieht.

hilfsweise

d) diese Verordnung zur Gänze

als gesetzwidrig".

3. Zum Sachverhalt und zu seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller aus:

"[...] Die betroffene Liegenschaft

Der Antragsteller ist Alleineigentümer der Grundstücke GST-Nr 504, EZ 256 und GST-Nr 506, EZ 257, beide KG Obersievering

[...].

Dabei handelt sich um zwei nebeneinander liegende Streifenparzellen mit einer Gesamtfläche von 6.190 m². Diese sind unbebaut und mit Weinstöcken bepflanzt, wobei die bestehende Weinkultur nach Auskunft des derzeitigen Pächters überaltert ist und nach Ablauf des bestehenden Pachtvertrages im Jahr 2004 entfernt werden muß; der Weingarten wird daher stillgelegt werden.

Die beiden Grundstücke befinden sich teilweise in ebener Lage und teilweise in einer leichten süd-südwestlichen Hanglage. Sie werden im Norden und Süden jeweils von Wegparzellen (dem Ährengrubenweg und dem Hackenbergweg) begrenzt, über die sie auch mit KFZ erreichbar sind. Seitlich grenzen jeweils mehrere Kleingartenparzellen an; diese sind Teil der ausgedehnten Kleingartenanlagen am Hackenberg, die mit zahlreichen Kleingartenhäusern bebaut sind.

Die beiden Parzellen sind in mehrfacher Hinsicht mit dem angrenzenden Kleingartengebiet funktionell verknüpft:

-

Mit der Vereinbarung vom 29.6.1962, die zwischen dem damaligen Eigentümer dieser Grundstücke [...] einerseits und dem Kleingartenverein Hackenberg andererseits abgeschlossen wurde, wurde dem Kleingartenverein das Recht eingeräumt, eine Stromleitung über die beiden Grundstücke zu führen und einen Mast zur Abstützung der Leitung zu setzen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kleingartenverein, [dem damaligen Grundstückseigentümer] und dessen Rechtsnachfolgern die Herstellung eines Wasseranschlusses an die vom Kleingartenverein betriebene Sommerwasserleitung und die Wasserentnahme nach näher festgelegten Modalitäten zu gestatten.

-

Im Jahr 1988 erteilte die damalige Grundeigentümerin [...] dem Kleingartenverein die Zustimmung zur Verlegung einer neuen Wasserleitung auf ihrem Grund.

-

Im Jahr 1996 stimmte sie weiters der Verlegung von Kanal- und (neuerlich) Wasserleitungen zu.

-

Der derzeitige Grundeigentümer gestattete der Wiengas GmbH mit Dienstbarkeitsvertrag vom 22.6.1999 die Verlegung und die Instandhaltung einer Niederdruckgasleitung auf den beiden Grundstücken.

-

Schließlich wurde für die Grundstücke Nrn 504 und 506 die Möglichkeit zum Anschluß an das Telefonnetz geschaffen.

Die beiden gegenständlichen Grundstücke weisen somit dieselbe (gute) infrastrukturelle Erschließung wie die angrenzenden Kleingärten auf. Der Antragsteller hat aus folgenden Gründen ein dringendes Interesse, diese Grundstücke für die Errichtung eines Kleingartenhauses zu nutzen:

Er steht im 30. Lebensjahr und hat seine Studien im Jahr 2002 abgeschlossen; er hat seither lediglich eine Teilzeitbeschäftigung gefunden. Er lebt derzeit noch in seinem Elternhaus und benötigt dringend eigenen Wohnraum. Die Schaffung von Wohnraum in seiner engeren Heimat (der Antragsteller hat sein gesamtes bisheriges Leben in Sievering verbracht) ist aufgrund seines derzeit eher geringen Einkommens nicht finanzierbar. Er beabsichtigt daher, auf den gegenständlichen Grundstücken, die innerhalb eines geschlossenen Kleingartengebiets liegen, ein Gartenhaus zu errichten, um auf diese Weise zumindest für die Sommermonate gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin über eine eigene Wohnmöglichkeit in Sievering zu verfügen.

Aus diesem Grund wurde der Pachtvertrag bezüglich des Weingartens auf den gegenständlichen Grundstücken bewußt nur auf fünf Jahre abgeschlossen (üblicherweise haben derartige Verträge eine Laufzeit von zumindest zehn Jahren), um die Liegenschaft danach nutzen zu können. Geht man von den erforderlichen Vorlaufzeiten für die Planung und Einreichung aus, müßte die Projektierung eines Gartenhauses, das im Jahr 2004 errichtet werden soll, sofort in Angriff genommen werden.

[...] Widmungsrechtslage

Im geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, dem Plandokument (PD) 6665, ist für die Grundstücke Nrn 504 und 506 folgendes festgelegt:

-

Sie sind als Grünland-ländliche Gebiete (L) gewidmet;

-

Im Bebauungsplan ist zusätzlich festgelegt, daß keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden dürfen (Signatur BB2 iVm Pkt 4.1. der Textbestimmungen zum Bebauungsplan).

Alle angrenzenden Kleingartenflächen weisen demgegenüber die Widmung Grünland-Erholungsgebiete-Kleingartengebiete (Ekl) auf.

Die antragsgegenständlichen Grundstücke weisen die derzeitige Widmung erst seit einer Änderung des Flächenwidmungsplans durch das PD 6665 im Jahr 1996 auf; bis dahin waren sie gleichfalls als Kleingartengebiet gewidmet:

-

Bis zum Jahr 1996 war für diesen Bereich der KG Obersievering das PD 2454, genehmigt mit Beschluß des Gemeinderats vom 17.7.1953, einschlägig. Dieses sah die Widmung 'Ekl' vor.

-

Aus der Verordnung vom 2.9.1954, M.Abt. 18-5290/51, mit der das PD 2454 erlassen wurde, ergibt sich, daß die beiden Grundstücke schon zuvor zum 'Kleingartenteilgebiet Nr 31' gehörten. Eine Änderung erfolgte im Jahr 1954 lediglich insofern, als eine etwa in der Mitte der beiden Grundstücke in west-östlicher Richtung verlaufende Verkehrsfläche, die in natura niemals hergestellt wurde, gestrichen wurde.

-

Für die beiden gegenständlichen Grundstücke war somit jedenfalls ab 1931 eine Kleingartenwidmung festgelegt; durch die Umwidmung im Jahr 1996 (PD 6665) wurde somit eine seit mindestens 65 Jahren bestehende Widmung beseitigt.

[...] Bekämpfte Inhalte des Plandokuments

Der gegenständliche Antrag wendet sich gegen die Festlegung einer Widmung (Grünland-ländliche Gebiete), aufgrund derer eine bauliche Nutzung der gegenständlichen Grundstücke - entgegen der Widmungsrechtslage, die bis zum Jahr 1996 bestand - nicht mehr zulässig ist, sowie gegen das explizite Verbot von Gebäuden und baulichen Anlagen (besondere Bebauungsbestimmungen 'BB 2').

[...] Zur Zulässigkeit des Individualantrages

[...] Zum Eingriff in eine rechtlich geschützte Position

Der Antragsteller ist, wie bereits ausgeführt, Eigentümer der Grundstücke Nrn 504 und 506, KG Obersievering. Die Verordnung, die eine Bebauung dieser Grundstücke verbietet, greift daher in sein Eigentumsrecht ein.

Der VfGH hat einen unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre des Liegenschaftseigentümers vergleichsweise auch im Fall der Festlegung der Widmungsart Grünland-Schutzgebiet-Wald (§4 Abs2 litA sublit c Z1 Wr BauO) bejaht. Begründend wies er darauf hin, daß im Wald- und Wiesengürtel nur Bauten kleineren Umfanges, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, sowie die für die in freier Natur erholungsuchende Bevölkerung notwendigen Bauten auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan vorgesehen sind, errichtet werden dürfen (§6 Abs3 Wr BauO). Im vorliegenden Fall, in dem jegliche Bebauung verboten wurde, geht der Rechtseingriff sogar noch weiter.

Aber auch wenn man davon ausgeht, daß eine unmittelbare Betroffenheit nur im Fall entsprechender Bauabsichten vorliegt, ist im Fall des Antragstellers die unmittelbare und aktuelle Betroffenheit gegeben, da er die gegenständliche Liegenschaft, wie ausgeführt, aufgrund seiner persönlichen Umstände so rasch wie möglich für die Errichtung eines Gartenhauses für die Sommermonate nutzen möchte.

[...] Zur Bestimmtheit dieses Eingriffs nach Art und Umfang

Aus §6 Abs1 Wr BauO ergibt sich, daß die gegenständlichen Grundstücke aufgrund ihrer Widmung ausschließlich mit Gebäuden und Anlagen bebaut werden dürften, die landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dienen und das betriebsbedingt notwendige Ausmaß nicht überschreiten. Die Errichtung von Wohngebäuden, die in keinem Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Nutzung stehen, ist demnach unzulässig. Überdies ergibt sich aus den zitierten Bebauungsbestimmungen (Punkt II./4.1 des Textteils der Verordnung), daß auf diesen Grundstücken überhaupt keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden dürfen.

Diese Rechtsfolgen ergeben sich eindeutig aus den bekämpften Verordnungsinhalten in Zusammenhalt mit der Wr BauO. Der Eingriff in die Rechtsposition des Antragstellers ist anhand einer Gegenüberstellung eines Lageplanes seiner Grundstücke einerseits und des Flächenwidmungsplans andererseits klar ersichtlich.

[...] Zur Aktualität des Eingriffs

Durch die bekämpfte Widmungsmaßnahme wird in die Rechte des Antragstellers insoweit aktuell eingegriffen, als ihm die freie Dispositionsmöglichkeit, die er im Hinblick auf die gegenständlichen Grundstücke bislang hatte, entzogen wird.

[...] Zur Umwegs(un)zumutbarkeit

In einer Reihe von Fällen hat der Verfassungsgerichtshof Individualanträge von betroffenen Grundeigentümern als zulässig angenommen, da der Umweg über ein baubehördliches Verfahren nicht zumutbar sei. Dies wurde damit begründet, daß für das dafür notwendige Bauansuchen kostspielige Beilagen angeschafft werden müßten, was nicht zumutbar ist.

Dieser Grundsatz ist dort eingeschränkt, wo die jeweilige Bauordnung - wie zB die NÖ Bauordnung - das Rechtsinstitut der Bauplatzerklärung vorsieht. Die Stellung eines Antrages auf Bauplatzerklärung wertet der VfGH als zumutbar, da es nicht erforderlich ist, daß der Antragsteller diesem Antrag die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen aufwendigen Planunterlagen oder überhaupt irgendwelche Unterlagen beifügt.

Die Wiener BauO kennt keine Bauplatzerklärung und auch kein vergleichbares Instrumentarium. Der VfGH hat daher wiederholt ausgesprochen, daß nach der Rechtslage in Wien kein zumutbarer Umweg zur Bekämpfung eines Flächenwidmungs- und/oder Bebauungsplans besteht und Individualanträge daher inhaltlich geprüft.

Der gegenständliche Antrag gemäß Art139 Abs1 3. Satz B-VG ist daher zulässig."

4. Seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnung legt der Antragsteller wie folgt dar:

"Zur Gesetzwidrigkeit der bekämpften Verordnung

[...] Begründung der Umwidmung 1996

Im Entwurfs- und Diskussionsbericht der MA 21A vom 30.10.1995 wurde zunächst die aktuelle Situation und die historische Entwicklung des Plangebiets sowie die zu diesem Zeitpunkt geltende Widmungsrechtslage und deren Geschichte dargestellt. Als Anlaß für die Überarbeitung wurde 'eine Vielzahl von Widmungsansuchen zum Teil in Richtung Gartensiedlungsgebiet und Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen, welche eine Überprüfung der angestrebten Widmungen im Zuge dieser Gebietsüberarbeitung erfordern,' angeführt

[...].

Weiters wurden verschiedene Ziele, die mit der Neufestsetzung verfolgt werden sollten, genannt. Es waren dies:

'-

Erhaltung des charakteristischen Erscheinungsbildes,

-

Weitgehende Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung,

-

Bestandsorientierte Festlegung der bebaubaren Bereiche,

-

Rechtliche Sanierung der zum Teil ganzjährig bewohnten Kleingärten im Nahbereich des Wohngebietes durch Festlegung der Widmung GS,

-

Abstimmung des Wegenetzes mit dem Naturbestand bzw mit dem voraussichtlichen Bedarf,

-

Sicherung des Grünlandes durch differenzierte Ausweisung von Widmungskategorien.'

Diese Aufzählung erweckt an mehreren Stellen den Eindruck, daß durch die Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans in der Natur bereits erfolgte Veränderungen rechtlich nachvollzogen werden sollten. Wenn ua von 'rechtlicher Sanierung' gesprochen wurde, läßt dies darauf schließen, daß die Anpassung durchaus auch bereits erfolgte Veränderungen, die ohne rechtliche Grundlage erfolgt waren, berücksichtigen sollte.

Auch die an die allgemeine Aufzählung der Planungsziele anschließende Beschreibung einzelner Änderungspunkte belegt, daß die Anpassung des Planungsstands an den bereits vorhandenen Ist-Zustand ein wesentliches Element der Überarbeitung des Plandokuments war:

-

So wurde ausgeführt, daß die 'kleingärtnerisch genutzten Flächen weitestgehend widmungsmäßig gesichert werden' sollten; ua sollte 'die Fläche der Kleingartenanlage Ostabhang, welche als Erweiterungsfläche für den Sieveringer Friedhof vorgesehen war und nicht mehr als solche benötigt wird, widmungsmäßig berücksichtigt werden.'

Die angesprochene Fläche, die zuvor als Grünland-Friedhof gewidmet war (Punkt 10. der Verordnung vom 2.9.1954), wurde nunmehr als Ekl gewidmet. Im PD 6665 sind in diesem Bereich mehrere Gebäude, die offenbar bereits zum Zeitpunkt der Umwidmung bestanden, eingezeichnet. Eine rechtliche Grundlage, auf der diese Gebäude zulässigerweise errichtet wurden, ist nicht erkennbar.

-

Weiters sollten 'die Kleingartenanlagen Krandl, für welche die Grünlandwidmung Parkanlage festgelegt ist und auch der derzeit als ländliches Gebiet gewidmete Teil der Anlage Bergen I die Widmung Kleingartengebiet erhalten.'

Im PD 6665 sind auch in diesen Bereichen, für die zuvor Widmungen festgelegt waren, die grundsätzlich keine Bauführung erlaubten, bestehende Gebäude ausgewiesen.

-

Ferner wurde 'der südliche Teil der Kleingartenanlage Kamm ... von den Wasserwerken nicht mehr als Erweiterungsfläche benötigt', daher sollte er 'der Nutzung entsprechend dem Kleingartengebiet zugeordnet werden.' Diese Grundflächen waren bis dahin als 'Bauland - Bauplatz für öffentliche Zwecke' (Punkt 7. der Verordnung vom 2.9.1954) gewidmet.

Die Änderung im Bereich der Grundstücke Nrn 504 und 506 wurde in dem Entwurfs- und Diskussionsbericht hingegen weder erwähnt noch näher begründet.

Die im Entwurfs- und Diskussionsbericht eingangs erwähnte, von einigen Grundeigentümern angestrebte Widmung Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen (Eklw) wurde im Bereich des Hackenbergs mit der Begründung, daß eine solche Umwidmung einen Ausbau der vorhandenen Straßen- und Wegenetze erfordern würde und daß dies mit einem hohen technischen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, nicht vorgesehen. Im Übergangsbereich zum Baulandbereich an der Krottenbachstraße wurde jedoch die Widmung Bauland-Gartensiedlungsgebiete festgelegt.

[...] Konsequenzen

Die Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans durch das PD 6665 sind in mehrfacher Hinsicht gesetzwidrig:

[...] Zunächst fällt auf, daß nur äußerst knapp begründet wurde, weshalb der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan überhaupt überarbeitet wurde: Dies wurde mit einem Verweis auf verschiedene 'Widmungsansuchen' begründet.

Beim Vorliegen solcher Ansuchen handelt es sich jedoch keineswegs um einen objektiven Änderungsanlaß. Da nur eine grundlegende Änderung der öffentlichen Interessenlage Planänderungen rechtfertigen kann, ist eine Umwidmung, die ausschließlich aufgrund des Wunsches eines Grundeigentümers erfolgt, jedenfalls gesetzwidrig.

[...] Was in dem Entwurfs- und Diskussionsbericht vom 30.10.1995 folgt, sind im wesentlichen Erwägungen über die Zweckmäßigkeit der einzelnen Widmungsmaßnahmen. Derartige Erwägungen vermögen jedoch, wie erwähnt, für sich allein eine Widmungsmaßnahme nicht zu rechtfertigen. Auf die Frage, inwieweit neue Tatsachen vorliegen, die ein Abgehen von den bisherigen Planungen rechtfertigen, wird in dem Bericht zum Großteil überhaupt nicht eingegangen. Lediglich in zwei Fällen wird lapidar darauf verwiesen, daß Grundstücke für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigt würden.

[...] In jedem Fall fehlt eine Begründung hinsichtlich der Umwidmung der beiden gegenständlichen Grundstücke zur Gänze. Es sind keinerlei fachliche Überlegungen dokumentiert, die eine Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans in diesem Bereich erforderlich oder auch nur zweckmäßig erscheinen lassen.

Hervorzuheben ist nochmals, daß die beiden Grundstücke - ungeachtet der derzeitigen, im übrigen ohnedies auslaufenden landwirtschaftlichen Nutzung - seit langem in funktioneller Hinsicht Teil des angrenzenden Kleingartengebietes sind, was vor allem in der gemeinsamen infrastrukturellen Erschließung (Straßennetz, Strom, Gas, Wasser, Telefon) zum Ausdruck kommt. Der einzige Unterschied zwischen diesen Grundstücken und den angrenzenden besteht darin, daß der Eigentümer mit ihrer Verwertung bislang zugewartet hat. Es ist in keiner Weise erkennbar, daß dies die Annahme, eine Verwertung sei auch künftig nicht zu erwarten bzw nicht wünschenswert, rechtfertigen könnte.

Vielmehr durfte der Antragsteller darauf vertrauen, daß er die gegenständlichen Grundstücke auch künftig in der vom Flächenwidmungsplan stets intendierten Weise nutzen darf. In dieses Vertrauen wurde ohne jegliche sachliche Rechtfertigung eingegriffen.

[...] Schließlich erweckt der Entwurfs- und Diskussionsbericht den Eindruck, daß es die wesentlichste Absicht des Verordnungsgebers sei, im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan den in der Natur bestehenden Ist-Zustand festzuschreiben. Mit der eigentlichen Aufgabe raumordnungsrechtlicher Verordnungen - eine vorausschauende Planung für das Gemeindegebiet festzulegen - erscheint dies grundsätzlich nicht vereinbar.

Hinzu kommt, daß hinsichtlich einzelner Änderungspunkte offen zugestanden wurde, daß diese zu dem Zweck vorgenommen wurden, einen bereits vorhandenen, mit der Widmungsrechtslage nicht zu vereinbarenden Baubestand zu sanieren. Da in diesen Fällen keine anderen Gründe genannt wurden, handelt es sich offenbar um das einzige oder zumindest das vordringliche Ziel des Verordnungsgebers.

Eine derartige Vorgangsweise ist unzulässig; Änderungen von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen, die bloß deshalb vorgenommen werden, um für ein auf einem Grundstück im Widerspruch zum geltenden Plan errichtetes Gebäude eine gehörige Rechtsgrundlage zu schaffen, sind gleichheitswidrig. Es widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn die Änderung nicht durch sachliche Erwägungen begründet, sondern ausschließlich dazu bestimmt ist, entgegen der Aufgabe des Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplanes, Bauvorhaben in die durch öffentliche Rücksicht gebotenen Bahnen zu lenken, durch Anpassung des Bebauungsplanes den Bauführer zu begünstigen.

Die Widmungsmaßnahme hinsichtlich der Grundstücke Nrn. 504 und 506 erscheint mit den gesetzwidrigen Widmungsmaßnahmen hinsichtlich anderer Grundstücke untrennbar verbunden: Die (verfehlte) Absicht des Verordnungsgebers, Widmungen primär entsprechend der bestehenden Nutzungen festzulegen (diese wurde in den Erläuterungen sogar ausdrücklich angesprochen) schlug offenbar auch auf diese Grundstücke durch! Er übersah dabei jedoch, daß es sachlich in keiner Weise gerechtfertigt ist, Grundeigentümer, die ihre Liegenschaften bislang baulich nicht genutzt hatten, obwohl sie dazu berechtigt gewesen wären, durch Festschreibung des status quo zu benachteiligen und sogar schlechter zu stellen als jene, die allenfalls sogar gesetzwidrige Bauführungen vorgenommen haben.

[...] Es soll nicht übersehen werden, daß das Bestreben des Verordnungsgebers, im Fall der fortschreitenden Bebauung verbleibende Grünstreifen durch Widmungsmaßnahmen von einer Bebauung freizuhalten und als solche zu bewahren, legitim ist und auch im Einzelfall Umwidmungen rechtfertigen kann. Im vorliegenden Fall ist eine solche Absicht allerdings in den Erläuterungen zur Umwidmung 1996 überhaupt nicht dokumentiert. Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß eine Kleingartenwidmung ohnedies keine intensive bauliche Nutzung der betroffenen Grundstücke ermöglicht (zu beachten sind insbesondere die Beschränkungen der Ausnützbarkeit von Kleingärten und der Gebäudegröße in §§12,13 Wr KleingartenG; insbesondere darf die bebaute Fläche gemäß §12 Abs1 leg cit 25 % der Kleingartenfläche nicht überschreiten).

Im übrigen erscheint die Berufung darauf, daß Grünflächen bewahrt werden sollen, dann kaum gerechtfertigt, wenn im Zuge derselben Planänderung andere Grundflächen, die bislang nicht bebaut werden durften, für die Bebauung freigegeben werden!

[...] Schließlich stellt die Verordnung einen besonders weitgehenden Eingriff in die Rechtsposition des Antragstellers als Liegenschaftseigentümer dar: Zu beachten ist, daß dem Antragsteller durch die Wr BauO für die massive Entwertung seiner Grundstücke infolge der gegenständlichen Widmungsmaßnahme keinerlei Entschädigungsanspruch eingeräumt wird. §59 Abs1 Wr BauO sieht zwar die 'Einlösung von Liegenschaften' auf Antrag des Eigentümers gegen eine entsprechende Entschädigung vor, wenn ein Bauplatz oder Baulos nach einer Abänderung des Bebauungsplans zur Gänze in eine Verkehrsfläche oder eine Grundfläche für öffentliche Zwecke fällt oder wenn die Widmung Bauland zur Gänze durch eine andere Widmung ersetzt wird. Weiters kann die Einlösung beantragt werden, wenn nur ein Teil des Bauplatzes oder Bauloses von einer solchen Abänderung betroffen wird, aus den verbleibenden Restflächen aber ein Bauplatz oder Baulos nicht mehr geschaffen werden kann oder wenn die bebaubare Fläche um mehr als die Hälfte beschränkt wird.

Der Einlösungsanspruch setzt somit bestimmte Änderungen des Bebauungsplans oder eine Umwidmung eines Baulandgrundstücks voraus. Die Änderung der Nutzungsart eines Grünlandgrundstücks ist hingegen nicht erfaßt; dies auch dann, wenn sie (wie zB die Umwidmung von Ekl in L) dazu führt, daß das Grundstück - im Gegensatz zur vorherigen Widmungsrechtslage - nicht mehr bebaut werden darf und damit ein bedeutender Wertverlust verbunden ist.

Die Differenzierung, die der Gesetzgeber in §59 Abs1 Wr BauO vornimmt, ist im Hinblick auf den Gleichheitssatz problematisch; grundsätzlich ist aber davon auszugehen, daß selbst entschädigungslose Enteignungen verfassungsrechtlich nicht schlechthin unzulässig sind. Im Zusammenhang mit landesgesetzlichen Regelungen, die Umwidmungen zu Lasten der Liegenschaftseigentümer ohne entsprechende Entschädigung zulassen, hat der VfGH aber wiederholt ausgesprochen, daß daraus die Verpflichtung des Verordnungsgebers resultiert, im Fall von Planänderungen auf die wirtschaftliche Interessenlage der Grundeigentümer Rücksicht zu nehmen.

Aufgrund des Umstands, daß die Widmungsmaßnahme im Jahr 1996 vorhersehbar eine Minderung des Verkehrswerts der beiden Grundstücke um mehrere Millionen Schilling verursachte, ohne daß die Wr BauO einen Entschädigungsanspruch des Eigentümers vorsah, wäre der Verordnungsgeber zu einer eingehenden Auseinandersetzung mit dessen (wirtschaftlichen) Interessen verpflichtet gewesen. Eine solche Auseinandersetzung ist jedoch überhaupt nicht erfolgt, da auf diese Widmungsmaßnahme in den Erläuterungen mit keinem Wort eingegangen wurde."

5. Zum beantragten Aufhebungsumfang führt der Antragsteller schließlich Folgendes aus:

"Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen, daß der Rechtsunterworfene im Fall eines einen Flächenwidmungsplan (zum Teil) aufhebenden Erkenntnisses in der Lage sein muß, die dadurch herbeigeführte neue Rechtslage aus der Zusammenschau von planlicher Darstellung und Aufhebungskundmachung gemäß Art139 Abs5 B-VG eindeutig und unmittelbar (also ohne Heranziehung etwaiger technischer Hilfsmittel, wie zB eines Katasterplanes) festzustellen. Daraus folgt, daß die Grundflächen, auf die sich der Antrag bezieht, anhand topographischer oder sonstiger Merkmale, die sich unmittelbar aus dem Plan ergeben, zu beschreiben sind, wenn dieser keine Grundstücksnummern enthält.

Im vorliegenden Fall läßt das Plandokument 6665 die Lage der beiden Parzellen 504 und 506, KG Obersievering, erkennen; die Grundstücksnummern werden jedoch nicht angegeben. Auch die Grundstücksgrenze zwischen den beiden genannten Parzellen sowie jene zu den östlich angrenzenden Wegparzellen, GSt-Nrn. 507/7, 507/9, 507/10, 507/11, 507/12, 507/13, 507/14 und 507/15, alle KG Obersievering, ist im Flächenwidmungsplan nicht erkennbar.

Aus diesem Grund wird zunächst die Aufhebung des Plandokuments hinsichtlich der verbal beschriebenen Grundflächen, auf die sich die bekämpften Verordnungsinhalte beziehen, begehrt. Diese Beschreibung umfaßt - mangels Unterscheidbarkeit - auch die angrenzenden Wegparzellen, die nicht im Eigentum des Antragstellers stehen.

In eventu wird daher die Aufhebung eingeschränkt auf die - einerseits durch Angabe der Grundstücksnummern, andererseits verbal beschriebenen - Parzellen des Antragstellers begehrt.

Schließlich wird - für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, daß sich das Plandokument als untrennbare Einheit darstellt - dessen gänzliche Aufhebung begehrt."

6. Der Gemeinderat der Stadt Wien legte die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der er die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages beantragt.

6.1. Zur Frage der Zulässigkeit des Antrags bringt er Folgendes vor:

"[...] Beurteilt man das Vorbringen des Antragstellers im Lichte der [...] Judikatur [des Verfassungsgerichtshofes zur Anfechtung eines Wiener Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes], so kommt man zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller eine aktuelle Betroffenheit durch den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 6665, nicht darzutun vermochte. Der Antragsteller führt [in] der Beschwerde als Begründung für seine Antragslegitimation aus, dass er ein Kleingartenhaus errichten möchte, weil das Grundstück sich infolge der völligen Erschließung dazu bestens eigne und er auf Grund seiner persönlichen Umstände so rasch wie möglich das Kleingartenhaus für die Sommermonate nutzen möchte.

Der Verfassungsgerichtshof hat in [...] Entscheidungen aus dem Jahre 1999 ausgeführt, dass die Antragsteller, wenn sie die zukünftige Bebaubarkeit ihrer Grundstücke beeinträchtigt sehen, sich damit weder auf eine gegenwärtige noch auf eine in naher Zukunft zu gewärtigende Wirkung der Verordnung beziehen, sondern auf eine Wirkung in Ansehung einer unbestimmten, hypothetischen Situation. Im Hinblick auf das oben zitierte Vorbringen des Antragstellers zur Antragslegitimation treffen diese Schlussfolgerungen auch im gegenständlichen Fall zu, sodass die Anträge daher schon allein aus diesem Grund als unzulässig erscheinen, zumal der Antragsteller keinen konkreten Zeitplan zur Umsetzung seines Vorhabens vorgebracht oder dargelegt hat, erste Schritte - wie etwa die Beauftragung eines Planers - konkret gesetzt zu haben.

Dies ist im gegebenen Fall vor allem deshalb von Relevanz, weil es für den Beschwerdeführer - wenn er tatsächlich eine konkrete Bauabsicht haben sollte - ein Leichtes wäre um Bewilligung für ein Kleingartenhaus anzusuchen und auf diese Weise seine Bedenken im Wege einer Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Dieser Weg stellt einen zumutbaren Umweg dar, der den gegenständlichen Individualantrag unzulässig macht, weil im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Bebauung kein erkennbarer erheblicher Kostenaufwand mit der Antragstellung verbunden wäre, da für die Bewilligung eines Kleingartenhauses die Einreichunterlagen wesentlich weniger umfangreich sind, als etwa für eine Baubewilligung eines Wohnhauses."

6.2. In der Sache führt der Gemeinderat zum vorliegenden Antrag aus:

"[...] Die antragsgegenständlichen Grundstücke waren bis zur Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes

(Plandokument 6665), beschlossen vom Gemeinderat der Stadt Wien am 26. Juni 1996, als 'Grünland - Erholungsgebiet Kleingarten' gewidmet (Plandokument Nr. 2454, Gemeinderatsbeschluss vom 17. Juli 1953). Davor war für die antragsgegenständlichen Grundstücke die Widmung 'Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel' festgesetzt (Plan Nr. 117, Gemeinderatsbeschluss vom Jänner 1931).

Die antragsgegenständlichen Grundstücke sind laut dem Landschafts- und Freiraumkonzept für den Westen Wiens als erhaltenswerter Teil der Kulturlandschaft ausgewiesen. Sie sind nach der auf Grund des §1 Abs2 des Wiener Weinbaugesetzes, LGBl. für Wien Nr. 63/1995, erlassenen Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, mit der die Weinbaufluren abgegrenzt werden, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 37/1995 vom 14. September 1995, als Weinbaufluren ausgewiesen und wurden zum Zeitpunkt der Bearbeitung auch als Weingärten bewirtschaftet. Es wurde somit bei der Festsetzung durch die angefochtene Verordnung insbesondere auf die Ziele der Sicherung des Grünlandes und des charakteristischen Erscheinungsbildes des Hackenberges als Ausläufer des Höhenzuges des Wienerwaldes Bedacht genommen.

Gemäß §1 Abs2 Z13 der Bauordnung für Wien (BO) ist bei der Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auf die Vorsorge für angemessene, der Land- und Forstwirtschaft dienende Grundflächen Bedacht zu nehmen.

Nach Abs4 dieser Bestimmung dürfen Abänderung[en] nur aus wichtigen Rücksichten vorgenommen werden, welche unter anderem auf Grund von Änderungen der natürlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten vorliegen.

Daraus folgt, dass eine Widmung, die der tatsächlichen Nutzung der Grundstücke entspricht, als zulässig anzusehen ist. Eine Widmung, die durch einen mehr als vierzig jährigen Zeitraum nicht realisiert wurde - da auf den antragsgegenständlichen Grundstücken im Gegensatz zu den angrenzenden Liegenschaften keine Kleingartenhäuser errichtet wurden, sondern diese als Weinanbauflächen dienten - und sich daher als ineffizient erwiesen hat, kann geändert werden.

Die Änderung im Bereich der antragsgegenständlichen Grundstücke im angefochtenen Plandokument zielt auf die Erhaltung und längerfristige Absicherung dieser größeren - mehr als 6000 m² aufweisenden - zusammenhängenden landwirtschaftlichen Fläche ab, deren Erhaltung auch im Kontext mit den südlich an den Hackenbergweg angrenzenden großräumigen Landwirtschaftsflächen zu sehen ist. Wie der Magistrat, Magistratsabteilung 21 A, im Vorlagebericht an den Gemeinderat vom 17. April 1996 zum Ausdruck brachte, wurde als Ziel unter anderem auch die Sicherung des Grünlandes durch differenzierte Ausweisung von Widmungskategorien angeführt. Damit sollen die strukturellen und naturräumlichen Gegebenheiten, die das Landschaftsbild des Hackenberges charakterisieren, für die Zukunft gewahrt werden.

Für die mit dem bekämpften Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom 26. Juni 1996, Pr.Z. 85 GPS/96 (Plandokument 6665), erfolgte Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes waren daher sachliche Gründe maßgebend."

7. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie sich der Äußerung der verordnungserlassenden Behörde vollinhaltlich anschließt.

8. Der Antragsteller erstattete eine Replik und eine weitere Stellungnahme und legte ergänzende Unterlagen vor.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Voraussetzung der Legitimation zu einem Individualantrag gemäß Art139 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).

1.2. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ergibt sich für die zulässige Anfechtung von Flächenwidmungsplänen (vgl. zB VfSlg. 17.079/2003) Folgendes: Zur erfolgreichen Behauptung eines aktuellen Eingriffs in die Rechtssphäre durch die Festlegungen eines Flächenwidmungsplans muss der Grundeigentümer konkrete Bauabsichten (VfSlg. 15.144/1998) dartun. Der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit bewirkt mangels aktueller Betroffenheit keine Antragslegitimation (VfSlg. 11.128/1986).

Diesem Erfordernis wird der Antragsteller - entgegen der Ansicht des Gemeinderates der Stadt Wien - durch sein Vorbringen, er wolle die gegenständlichen Grundstücke "aufgrund seiner persönlichen Umstände so rasch wie möglich für die Errichtung eines Gartenhauses für die Sommermonate nutzen", gerecht. Das Vorbringen der verordnungserlassenden Behörde, der Antragsteller habe keinen konkreten Zeitplan zur Umsetzung seines Vorhabens vorgebracht, oder dargelegt, konkrete erste Schritte gesetzt zu haben, vermag daran nichts zu ändern; darüber hinaus bringt der Antragsteller auch vor, den Pachtvertrag hinsichtlich des zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Weingartens bewusst nur auf fünf Jahre abgeschlossen zu haben, um die Projektierung des geplanten Kleingartenhauses sofort in Angriff nehmen zu können.

Wenn der Gemeinderat darüber hinaus vorbringt, es wäre für den Beschwerdeführer "ein Leichtes", um die baubehördliche Bewilligung für ein Kleingartenhaus anzusuchen und auf diese Weise seine Bedenken im Wege einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, so trifft dies nicht zu: Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung Individualanträge auf Verordnungsprüfung, mit denen die Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes begehrt wurde, dann als unzulässig erachtet, wenn es dem betroffenen Liegenschaftseigentümer nach der in Betracht kommenden baurechtlichen Gesetzeslage ohne erheblichen Kostenaufwand (insbesondere den Aufwand für die Anfertigung der für eine Baubewilligung erforderlichen kostspieligen Planunterlagen) möglich und daher zumutbar war, in einem besonderen Verfahren einen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid zu erwirken, dessen Anfechtung im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung und zur Anregung ihrer von Amts wegen zu veranlassenden Überprüfung bietet (s. etwa VfSlg. 11.227/1987 in Ansehung der behördlichen Vorprüfung nach der Kärntner Bauordnung oder VfSlg. 11.348/1987 hinsichtlich des Antrags auf Widmungsbewilligung nach der Steiermärkischen BauO 1968). Ein derartiger zumutbarer Weg steht dem Antragsteller, der die Aufhebung von Bestimmungen eines nach der Bauordnung für Wien erlassenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (Plandokumentes) begehrt, nicht zur Verfügung. Entgegen der Ansicht des Gemeinderates der Stadt Wien ist nämlich auch der Aufwand für die Anfertigung der für eine Baubewilligung für ein Kleingartenhaus nach dem Wiener Kleingartengesetz 1996 erforderlichen Planunterlagen nicht als zumutbarer Aufwand im Sinne der genannten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes anzusehen (vgl. §8 Wiener Kleingartengesetz 1996).

1.3. Der Hauptantrag, der die Aufhebung des Plandokumentes 6665 insoweit begehrt, als diese Verordnung "für eine Grundfläche, die in dem Bereich östlich der Verkehrsfläche mit der Nr 12305 und des im Plan ersichtlichen Wasserbehälters Hackenberg, nördlich des Hackenbergweges (Verkehrsfläche mit der Nr 1704), südlich des Ährengrubenweges (Verkehrsfläche mit der Nr 12453) sowie westlich des Sieveringer Friedhofs liegt und im Plan anhand der Signaturen 'L' und 'BB 2' sowie - im Gegensatz zu den östlich und westlich angrenzenden Grundflächen - aufgrund des Fehlens von Gebäuden erkennbar ist die Widmung Grünland-ländliche Gebiete sowie besondere Bebauungsbestimmungen folgenden Inhalts festlegt: Es dürfen keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden" grenzt den Aufhebungsumfang auch richtig ab: Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes muss der Rechtsunterworfene im Fall eines einen Flächenwidmungsplan (zum Teil) aufhebenden Erkenntnisses in der Lage sein, die dadurch herbeigeführte neue Rechtslage aus der Zusammenschau von planlicher Darstellung und Kundmachung der Aufhebung eindeutig und unmittelbar, d.h. ohne Heranziehung etwaiger technischer Hilfsmittel, wie zB eines Katasterplanes, festzustellen. Nachdem der im Osten an die im Eigentum des Antragstellers stehende Grundfläche angrenzende Weg, welcher nach den Angaben des Antragstellers im Eigentum Dritter steht, in der planlichen Darstellung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes PD 6665 von den Grundstücken des Antragstellers bzw. den in südöstlicher Richtung daran angrenzenden Nachbarparzellen nicht unterscheidbar ist, ist der Aufhebungsumfang im Hauptantrag zulässig abgegrenzt.

Der meritorischen Erledigung des Antrags stehen auch sonst keine Verfahrenshindernisse entgegen.

III. Der Antrag erweist sich im Ergebnis auch als gerechtfertigt:

1.1. Wie der Antragsteller und der Gemeinderat der Stadt Wien übereinstimmend ausführen, waren die im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke in der KG Obersievering jedenfalls seit der Erlassung des Plandokumentes 2454 vom 17. Juli 1953 als "Grünland - Erholungsgebiet Kleingartengebiet" gewidmet. Dieselbe Widmung trugen auch sämtliche in östlicher und westlicher Richtung daran angrenzenden Liegenschaften zwischen dem Ährengrubenweg und dem Hackenbergweg; der gesamte in Rede stehende Grundstücksbereich zwischen den beiden genannten, nördlich und südlich gelegenen Verkehrsflächen stellte sich somit seit dieser Zeit als durchgehendes Kleingartengebiet mit einheitlicher Widmung dar.

Mit dem im vorliegenden Antrag bekämpften Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument 6665 vom 26. Juni 1996 (idF: PD 6665) wurden in dem genannten Kleingartengebiet - nur - die beiden Grundstücke des Antragstellers (bzw. auch mehrere schmale, im Südosten daran angrenzende Wegparzellen, welche nicht im Eigentum des Antragstellers stehen und die im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan von den Grundstücken des Antragstellers bzw. den benachbarten Kleingartenparzellen planlich nicht unterscheidbar sind, siehe auch oben II.1.3.) von "Grünland Erholungsgebiete Kleingartengebiet" in "Grünland Ländliche Gebiete" mit der Festlegung "BB2" (Verbot der Errichtung von Gebäuden und baulichen Anlagen) umgewidmet; sämtliche übrige als Kleingartengebiet gewidmet gewesenen Grundflächen in der Umgebung der antragsgegenständlichen Grundstücke verblieben in dieser Widmung; weiters wurden mit der Erlassung des in Rede stehenden Plandokumentes auch mehrere zuvor als Grünland gewidmet gewesene Grundflächen in die Widmung als Kleingartengebiet aufgenommen.

1.2. Dem Vorlagebericht des Magistrates der Stadt Wien an den Gemeinderat sind bezüglich der Erlassung des PD 6665 ua. folgende Ausführungen zu entnehmen:

"Situation und historische Entwicklung:

Das Plangebiet befindet sich im Südwesten des 19. Bezirkes. Es umfasst ca. 66 ha und wird derzeit von rund 790 Personen bewohnt. Weiters gibt es 10 Arbeitsstätten mit ca. 20 Beschäftigten.

Der Hackenberg ist ein Ausläufer des Höhenzuges des Wienerwaldes und wird im Norden durch das Arbesbachtal und im Süden durch das Krottenbachtal begrenzt. Sein höchster Punkt liegt ca. 50-60 m über den Talsohlen. Über einen Sattel (Agnesgasse) ist er gegen Westen mit dem Neuberg (Häuserl am Stoan) und dem Dreimarkstein (Häuserl am Roan) verbunden. Geologisch ist der Hackenberg dem Flysch-

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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