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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art95 Abs1Leitsatz
Aufhebung der Wahl zur Gemeindevertretung der Stadt Feldkirch vom 02.04.2000 wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Auflage von Stimmzetteln in den Wahlzellen; keine Bedenken gegen die Regelung der Wahlpflicht im Vlbg GWG sowie gegen die vorgesehene Zusendung von StimmzettelnRechtssatz
Im vorliegenden Fall strebt die anfechtende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die - dem Einspruchsverfahren nach §50 Vlbg GWG vorbehaltene - Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende Umstände, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist (ebenso: WI-6/00, E v 02.12.00).
Rechtzeitigkeit der innerhalb der vierwöchigen Anfechtungsfrist ab Beendigung des Wahlverfahrens, das ist bei Gemeindevertretungswahlen in Vorarlberg die der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses in Form der Veröffentlichung gemäß §49 Vlbg GWG (vgl. VfSlg 14282/1995), eingebrachten Wahlanfechtung.
Keine Bedenken gegen §66 und §67 Vlbg GWG, LGBl 30/1999, betreffend Wahlpflicht sowie Entschuldigungsgründe.
Die (Gesetzgebungsorgane der) Länder sind von Bundesverfassungs wegen ermächtigt, bei Landtags- und Gemeindevertretungswahlen die Wahlpflicht anzuordnen. Der Vorarlberger Landes-Verfassungsgesetzgeber hat davon Gebrauch gemacht (vgl. Art13 Abs5 Vlbg Landesverfassung). Der Vorarlberger Landesgesetzgeber schließlich regelte in Ausführung dieser verfassungsgesetzlichen Bestimmungen den Inhalt der Wahlpflicht sowie jene Gründe, die eine Nichtbeteiligung an der Wahl entschuldigen. Gegen die solcher Art geregelte Wahlpflicht bestehen keine wie immer gearteten verfassungsrechtlichen Bedenken.
Keine Bedenken gegen die in §15 Vlbg GWG, LGBl 30/1999, vorgesehene Zusendung von Stimmzetteln.
Die in §15 Abs1 Vlbg GWG vorgesehene Regelung der Stimmzettelzusendung rührt zwar an den Grundsatz des geheimen Wahlrechtes; vor dem Hintergrund der Bestimmungen des §28 Abs4 Vlbg GWG über die Auflage von Stimmzetteln in der Wahlzelle, des §32 Abs2 Vlbg GWG, wonach das (undurchsichtige leere) Wahlkuvert erst im Wahllokal vom Wahlleiter dem Wähler zu übergeben ist (bevor dieser in die Wahlzelle tritt), sowie des §32 Abs3 Vlbg GWG über die (zwingend vorgeschriebene) Benützung der Wahlzelle bestehen dagegen aber letztlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Aufhebung der Wahl zur Gemeindevertretung der Stadt Feldkirch vom 02.04.2000 ab Beginn des Abstimmungsverfahrens wegen fehlender Auflage von Stimmzetteln in den Wahlzellen.
Dem Wähler noch in der Abgeschiedenheit der Wahlzelle die für eine unbeobachtete Stimmzettelausfüllung unter Umständen unabdingbare Voraussetzung zu bieten, ist Sinn und Zweck der Vorschrift des §28 Abs4 Vlbg GWG. Dass in den Wahllokalen (außerhalb der Wahlzellen) amtliche Stimmzettel auflagen, vermag das Fehlen von Stimmzetteln in den Wahlzellen selbst schon deshalb nicht zu ersetzen, weil diese Form der Ausgabe von Stimmzetteln an die Wahlberechtigten - neben der erwähnten Zustellung an der Adresse - von Gesetzes wegen gar nicht vorgesehen ist.
Das Vorbringen, dass eine wahlwerbende Partei das grafische Hauptelement des offiziellen Emblems der Stadt Feldkirch als Bestandteil ihrer Wahlwerbung verwendet und damit gezielte Manipulation betrieben hätte, ist nicht geeignet eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darzutun. Selbst wenn die Behauptung zutreffen sollte, handelte es sich dabei um ein Verhalten im Rahmen der den Parteien zuzurechnenden Wahlwerbung, die vom Vlbg GWG nicht erfasst ist und demnach keinen Teil des Wahlverfahrens bildet.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Fristen, VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Wahlrecht geheimes, Stimmzettel, WahlwerbungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:WI5.2000Dokumentnummer
JFR_09998798_00W00I05_01