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97 VergabewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Präjudizialität einer Schwellenwertregelung des Bundesvergabegesetzes aufgrund denkmöglicher Anwendung durch das Bundesvergabeamt in Verfahren betreffend die Vergabe von Aufträgen im Infrastrukturbereich der ÖBB; keine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses jeglichen Rechtsschutzes im UnterschwellenbereichRechtssatz
Präjudizialität der Schwellenwertregelung des §9 Abs1 BundesvergabeG aufgrund denkmöglicher Anwendung durch das Bundesvergabeamt in Verfahren betreffend die Vergabe von Aufträgen im Infrastrukturbereich der ÖBB.
Bloß die Erbringung von Verkehrsleistungen ist als Sektorentätigkeit anzusehen.
Das Bundesvergabeamt hat - wenn es auch letztlich die Frage, ob es sich um einen Sektoren-Lieferauftrag oder um einen allgemeinen Lieferauftrag handelte, offengelassen hat und offenlassen konnte, da die von ihm festgestellten Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens auf die Verletzung von Verhaltensanordnungen zurückzuführen sind, die für beide Arten von Lieferaufträgen gelten (sodaß auch die Befassung des EuGH entbehrlich war) - die in Prüfung genommene Bestimmung angewendet und diese Anwendung hat sich als zumindest denkmöglich erwiesen: Es läßt sich nämlich aus den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten zwar nicht für jede einzelne Vergabe, aber doch für eine größere Anzahl der Beschaffung der Gabel- und Hubstapler die Zuordnung zum Bereich der Erbringung von Verkehrsdienstleistungen zweifelsfrei nachvollziehen, etwa dort, wo es sich um die Beschaffung für Zwecke der Wartung des Fuhrparks (dem eine größere Anzahl von Beschaffungsvorgängen zuzuordnen ist) oder um Vergaben im Bereich des Geschäftsfelds des Güterverkehrs gehandelt hat.
Die Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH kommt angesichts dessen gar nicht in Betracht, zumal der Ausgang des Gesetzesprüfungsverfahrens keine gemeinschaftsrechtliche Relevanz hat.
Die Wortfolge ", wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer mindestens 400 000 ECU," in §9 Abs1 Z1 BundesvergabeG 1997, BGBl I Nr 56, war verfassungswidrig.
Hinweis auf E v 30.11.00, G110/99 ua.
Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, im Unterschwellenbereich den Bewerbern und Bietern nicht einmal ein Minimum an Verfahrensgarantien zu gewährleisten und auf jedwede außenwirksame Regelung des Vergabeverfahrens - die im Oberschwellenbereich als erforderlich und notwendig angesehen wird - zu verzichten.
Daran vermögen auch die von der beteiligten Partei ins Treffen geführten Besonderheiten des "Sektorenbereichs" und die - freilich bloß für Teilbereiche bestehende - stärkere Marktnähe der in ihm tätigen Auftraggeber nichts zu ändern. Im übrigen hat der Gesetzgeber diesen Umständen bereits durch ein im Vergleich zum "klassischen" Vergabebereich in mehrerer Hinsicht modifiziertes Vergabeverfahrenssystem Rechnung getragen. Dabei ist ihm genausowenig entgegenzutreten, wie wenn er im Sektorenbereich bei Verfahren unterhalb bestimmter Wertgrenzen weniger aufwendige Vergabevorschriften aufstellte oder bei den Vorschriften über den Rechtsschutz Verfahrensvereinfachungen oder Verfahrensbeschleunigungen vorsähe, die Entscheidungskompetenz Einzelrichtern übertrüge, die denkbaren Rechtszüge beschränkte oä.
(Anlaßfall: E v 12.12.01, B1061/98 - Abweisung der Beschwerde).
Schlagworte
EU-Recht, Rechtsschutz, Vergabewesen, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G43.2000Dokumentnummer
JFR_09989774_00G00043_01