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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des KommunalsteuerG 1993 hinsichtlich der durch Verweis auf das EStG 1988 bewirkten Einbeziehung von Beschäftigungsvergütungen an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligter Personen in die Kommunalsteuerpflicht; kein Verstoß der Regelung des EStG 1988 betreffend Umschreibung des maßgeblichen Beschäftigungsverhältnisses durch Abstellen auf das Vorliegen aller sonstiger Merkmale eines Dienstverhältnisses unter Ausblendung der Weisungsgebundenheit gegen das Determinierungsgebot und gegen den GleichheitssatzRechtssatz
Was Beschäftigte mit einer Beteiligung von nicht mehr als 25 % betrifft (§25 Abs1 Z1 litb EStG 1988), so ist von Verfassungs wegen nichts dagegen einzuwenden, wenn der Gesetzgeber für Zwecke der Kommunalsteuer die Gruppe der nicht wesentlich beteiligten Beschäftigten einheitlich behandelt und dem Einwand, daß der Beschäftigte im Einzelfall auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderregelung nicht weisungsgebunden ist, für Zwecke dieser Steuer keine Beachtung schenkt.
Abweisung des Antrags des VwGH auf Aufhebung der Wortfolge ", sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" im §2 KommunalsteuerG 1993 und der Wortfolge "sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988" im zweiten Satz des §5 Abs1 KommunalsteuerG 1993.
Der Verfassungsgerichtshof teilt nicht die dem Antrag zugrundeliegende Auffassung, der Gesetzgeber habe mit dem Abstellen auf "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in §22 Z2, Teilstrich 2, EStG 1988 gegen Art18 B-VG verstoßen, weil es solche Merkmale nach der gesetzlichen Lage nicht geben könne.
Es entspricht einem - nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zutreffenden - Verständnis der Gesetzeslage, das die Begriffe der Selbständigkeit bzw Unselbständigkeit und des Dienstverhältnisses bzw des Arbeitnehmers im steuerlichen Sinn nicht als durch §47 EStG 1988 abschließend definiert ansieht, sondern als durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichnete Typusbegriffe deutet (vgl schon VfSlg 14802/1997). Solchen Typusbegriffen sind aber die realen Erscheinungen nicht zu subsumieren, sondern an Hand einer Vielzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat.
Ist das Merkmal der Weisungsgebundenheit nur eines unter mehreren Merkmalen, die für die Deutung des Typusbegriffes "Dienstverhältnis" maßgebend sind, so muß es grundsätzlich möglich sein, die Frage des Vorliegens der (sonstigen) Merkmale eines Dienstverhältnisses auch unter "Ausblendung" bzw unter Hinzudenken des Merkmales der Weisungsgebundenheit zu beantworten.
Der Gesetzgeber hat nicht Unvollziehbares oder zu Unbestimmtes angeordnet, wenn er bei bestimmten Beschäftigungsverhältnissen die Frage der Weisungsgebundenheit sozusagen ausblendet und anordnet, daß die Beurteilung danach zu erfolgen hat, ob die Beschäftigung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" aufweist, das heißt letztlich auf die anderen, von der Judikatur herausgearbeiteten maßgebenden Merkmale verweist.
In dem auf dem Trennungsprinzip aufbauenden System der Ertragsbesteuerung von Kapitalgesellschaften ist jedenfalls - dh auch bei Mehrheits- oder Alleingesellschaftern - zwischen der Position als Gesellschafter und jener als Geschäftsführer zu unterscheiden. §22 Z2, Teilstrich 2, EStG 1988 erfaßt nicht nur den zu 100 % beteiligten Geschäftsführer, sondern alle Personen, die (in welcher Funktion auch immer) bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt und an ihr mit mehr als 25 % beteiligt sind. Daß bei dieser Personengruppe der (steuer)rechtliche Charakter des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses auch von der Höhe der Beteiligung abhängt, ist plausibel und mag eine entsprechend differenzierende Rechtsanwendung erfordern, führt aber nicht zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung.
Unter Berücksichtigung des im gegebenen Zusammenhang zu beachtenden Trennungsprinzips können vor allem die Eingliederung in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Kapitalgesellschaft und das (auf die Geschäftsführertätigkeit zu beziehende) Unternehmerwagnis auch im Fall der Weisungsungebundenheit verschieden ausgestaltet sein und daher (auch) als (sonstige) Merkmale eines Dienstverhältnisses in Betracht kommen.
Freilich ist es bei der in Rede stehenden Fallgruppe nicht zuletzt im Hinblick auf den hier häufigen Umstand des Selbstkontrahierens schwierig, den tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln und danach im Einzelfall zu beurteilen, ob ein Beschäftigungsverhältnis, konkret vor allem eine Geschäftsführertätigkeit, läßt man einmal die allfällige Weisungsungebundenheit außer Betracht, die Merkmale der Unselbständigkeit oder der Selbständigkeit aufweist. Ein Verstoß gegen Art18 B-VG ist den zugrundeliegenden Normen deswegen nicht anzulasten.
Gegen die beanstandete "Schlechterstellung" des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters bestehen im Hinblick auf den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Wird im Unternehmen einer Kapitalgesellschaft eine Geschäftsführertätigkeit in einer Art verrichtet, die einem Dienstverhältnis immerhin nahesteht, weil sie - mit Ausnahme der allenfalls fehlenden Weisungsgebundenheit - Merkmale aufweist, die für ein Dienstverhältnis (und nicht für einen Werkvertrag oder einen Auftrag) typisch sind, so begegnet es keinen Bedenken, wenn die dafür gewährten Vergütungen in die auf Dienstverhältnisse und Arbeitslöhne abstellende Kommunalsteuerpflicht einbezogen werden, mag auch die beschäftigte Person gleichzeitig an der Kapitalgesellschaft (wesentlich) beteiligt sein. Sollten jedoch - etwa als Folge der Höhe dieser Beteiligung - neben der Weisungsungebundenheit auch die übrigen Merkmale eines Dienstverhältnisses nicht mehr erkennbar sein, so ist bereits einkommensteuerrechtlich kein Fall des §22 Z2, Teilstrich 2, EStG 1988 und daher auch keine Kommunalsteuerpflicht gegeben.
(siehe auch G110/00, E v 07.03.01, zu §41 Abs2 und Abs3 FamilienlastenausgleichsG 1967).
Schlagworte
Determinierungsgebot, Einkommensteuer, Einkunftsarten, KommunalsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G109.2000Dokumentnummer
JFR_09989699_00G00109_01