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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Präjudizialität einer bei Bescheiderlassung anzuwendenden, aber nichtangewandten Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde Hopfgarten imBrixental; Verpflichtung der Behörde zur Anwendung der gültigenKanalgebührenordnung und nicht eines nicht beschlossenen und nichtkundgemachten Entwurfes; Aufhebung von Teilen derKanalgebührenordnung bezüglich einer als Interessentenbeitrag zuqualifizierenden Kanalanschlußgebühr wegen diesbezüglich fehlenderlandesgesetzlicher Ermächtigung; finanzausgleichsrechtlicheErmächtigung nur hinsichtlich BenützungsgebührenRechtssatz
Der angefochtene Vorstellungsbescheid bezieht sich nur auf die "Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde Hopfgarten", ohne ein Beschlußdatum anzugeben; der Verfassungsgerichtshof deutet dies dahin, daß sich der angefochtene Bescheid auf dieselbe "Kanalgebührenordnung" stützt wie die Bescheide der Gemeindeinstanzen.
Nach der Sachlage ist offenkundig, daß die Gemeindeinstanzen (nicht die rechtlich inexistente - vgl VfGH 05.12.00, V22/00 - Kanalgebührenordnung vom 07.04.88, sondern) die KanalgebührenO vom 01.03.88 hätten anwenden müssen. Auch die belangte Behörde war als Vorstellungsbehörde verpflichtet, bei ihrer Kontrolle des letztinstanzlichen Gemeindebescheides diese Rechtslage heranzuziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die anzuwendenden Verordnungsvorschriften, die miteinander in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, daher präjudiziell iSd Art139 B-VG.
Untrennbarer Zusammenhang der anzuwendenden Verordnungsvorschriften.
Die Wortfolge "einer einmaligen Kanalanschlußgebühr und" in §1 sowie §2 und §4 der KanalgebührenO der Marktgemeinde Hopfgarten im Brixental vom 01.03.88 werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Kanalanschlußgebühr nach den §§1, 2 und 4 der KanalgebührenO steht nicht am Beginn eines Benützungsverhältnisses, sondern die Gebührenpflicht entsteht bereits mit Eintritt der Rechtskraft des Anschlußbescheides (§2 Abs2 KanalgebührenO), sohin unabhängig davon, ob das betreffende Gebäude an die Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen ist oder nicht. Sie ist daher keine Benützungsgebühr iSd §14 Abs1 Z16, §15 Abs3 Z5 FAG 1997, sondern ein Interessentenbeitrag iSd §14 Abs1 Z15 FAG 1997 (siehe auch VfSlg 10947/1986, zuletzt E v 06.10.99, V33/99). Um einen Interessentenbeitrag auszuschreiben, hätte die Marktgemeinde Hopfgarten einer landesgesetzlichen Ermächtigung bedurft (§14 Abs1 Z15 FAG 1997 iVm §8 Abs5 F-VG).
Die Aufhebung allein des §2 Abs2 KanalgebührenO hätte zur Folge, daß die Frage, wann die Gebührenpflicht entstehe, nicht mehr geregelt wäre. Aus dem verbleibenden Rest der KanalgebührenO würde sich nicht zweifelsfrei ergeben, daß die Anschlußgebühr (erst) am Beginn eines Benützungsverhältnisses stünde.
Der Verfassungsgerichtshof konnte die Aufhebung daher nicht auf einen Teil der in Prüfung gezogenen Vorschriften beschränken.
(Anlaßfall: E v 07.03.01, B2153/98, Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung im Eigentumsrecht durch Anwendung einer rechtlich nicht existenten "Norm").
siehe auch E v 30.11.01, V66/01 zur KanalgebührenO der Gemeinde Kirchdorf in Tirol.
Schlagworte
Auslegung eines Bescheides, Abgabenbegriff, Gebühr,Interessentenbeiträge, Finanzverfassung, Finanzausgleich,Kanalisation Abgaben, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang,VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V5.2001Zuletzt aktualisiert am
23.10.2009