RS Vfgh 2001/3/8 B707/00 - B975/99, B1766/00, B681/99

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 08.03.2001
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
BundesvergabeG §52
BundesvergabeG §113
BundesvergabeG §115
BundesvergabeG §122
EG Art234
Richtlinie des Rates vom 21.12.89. 89/665/EWG, zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentl Liefer- und Bauaufträge Art1
VfGG §88

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Unterlassung der Vorlage einer vorlagepflichtigen Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts an den EuGH seitens des Bundesvergabeamtes; Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags eines vom Auftraggeber faktisch nicht ausgeschiedenen, nach Ansicht der Nachprüfungsbehörde jedoch auszuscheidenden Bieters fraglich

Rechtssatz

Die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach Art1 Abs3 der Rechtsmittelrichtlinie, 89/665/EWG, dürfte weit zu verstehen sein und jedem zustehen, der einen bestimmten zur Vergabe anstehenden öffentlichen Auftrag erhalten will.

Angesichts dieses dem Verständnis der Rechtsmittelrichtlinie in der Auslegung des EuGH innewohnenden weiten Rechtsschutzauftrages für Bewerber und Bieter in einem Vergabeverfahren erscheint es fragwürdig, die Antragsvoraussetzungen nach §115 Abs1 BundesvergabeG iVm §52 Abs1 und Abs2 BundesvergabeG so zu deuten, daß ein faktisch vom Auftraggeber nicht ausgeschiedener Bieter von der Nachprüfungsbehörde, dem Bundesvergabeamt, vom Nachprüfungsverfahren durch Zurückweisung seines Rechtsschutzantrages ausgeschlossen werden kann, wenn die Nachprüfungsbehörde das Vorliegen eines Ausscheidungsgrundes vorfragenweise annimmt.

Dem Bundesvergabeamt ist hingegen nicht entgegenzutreten, wenn es durch Spruchpunkt II den von der beschwerdeführenden Gesellschaft gestellten Antrag, festzustellen, ob sie "als übergangener Bewerber beziehungsweise Bieter ... keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte", als unzulässig zurückweist. §113 Abs2 BundesvergabeG normiert in eindeutiger und unbedenklicher Weise, daß die Legitimation für eine diesbezügliche Antragstellung nur dem Auftraggeber zusteht; sie steht in systematischem Zusammenhang mit §122 Abs2 BundesvergabeG, wonach sich der Auftraggeber mit einer diesbezüglichen Feststellung einer allfälligen Schadenersatzforderung des übergangenen Bewerbers oder Bieters entziehen kann.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist mit zwei ihrer Beschwerdepunkte durchgedrungen, mit einem unterlegen. Es waren ihr daher zwei Drittel der Normalkosten zu ersetzen.

(ebenso unter Hinweis auf B707/00: B975/99 und B1766/00, beide E v 12.06.01; B681/99, E v 25.09.01; vgl auch B485/01, E v 12.06.01).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, EU-Recht Richtlinie, EU-Recht, Rechtsschutz, Vergabewesen, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B707.2000

Dokumentnummer

JFR_09989692_00B00707_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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