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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des Asylgesetzes betreffend die Ausweisung von Asylwerbern im Falle der Zurückweisung eines Asylantrags als unzulässig aufgrund der vertraglichen Zuständigkeit eines anderen Staates; zusammenschauende verfassungskonforme Auslegung im Hinblick auf das Dubliner Übereinkommen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft geboten; ausreichender Rechtsschutz aufgrund der Anrufung des Bundesasylsenates und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts; Ausweisung vom Begriff "Asylsachen" der Bundesverfassung umfaßt; keine verfassungswidrige Zuständigkeitskonkurrenz zwischen Asyl- und FremdenbehördenRechtssatz
Kein Verstoß des §5 Abs1 letzter Satz und des Abs3 AsylG 1997 betreffend die Ausweisung von Asylwerbern gegen Art3 und Art8 EMRK; zusammenschauende Auslegung mit in die österreichische Rechtsordnung generell transformierten Staatsverträgen geboten.
Die verfassungsrechtliche Wertung kann schon zufolge des Sinngehaltes des Art140 und des Art140a B-VG nur auf dem Boden einer bestehenden (unter bestimmten Umständen einer bestandenen), nicht aber einer fiktiven gesetzlichen bzw staatsvertraglichen Rechtslage vorgenommen werden. Die in die österreichische Rechtsordnung kraft genereller Transformation eingegangene Vertragsbestimmung des Art3 Abs4 des Übereinkommens über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrags (im folgenden: Dubliner Übereinkommen), BGBl III 165/1997, schafft nicht etwa ein durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ausschaltbares Recht österreichischer Staatsorgane, die betreffende Asylsache an sich zu ziehen, sondern verpflichtet die zuständige Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des §5 vorzunehmen und von der Annahme einer negativen Prozeßvoraussetzung in der Asylsache abzusehen. Das Prinzip der verfassungskonformen Gesetzesauslegung gebietet es, auch den Sinnzusammenhang zweier Vorschriften in der Weise zu berücksichtigen, daß durch eine bestimmte Auslegung der einen Vorschrift die sonst eintretende Verfassungswidrigkeit der anderen ausgeschlossen wird. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung auch darin zu, daß eine strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des §5 Abs1 durch die Heranziehung des Art3 Abs4 des Dubliner Übereinkommens von der Asylbehörde zu vermeiden ist; Art3 Abs4 ist - als ins innerstaatliche Recht transformierte, unmittelbar anwendbare Norm betrachtet - nicht etwa als eine Ermächtigung zur Ermessensübung, sondern als eine durch sämtliche in Betracht kommenden Verfassungsvorschriften zielgerichtete und daher unter dem Aspekt des Legalitätsprinzips ausreichend determinierte Rechtsvorschrift zu werten.
Kein Verstoß des §5 Abs1 letzter Satz und des Abs3 AsylG 1997 betreffend die Ausweisung von Asylwerbern gegen Art13 EMRK; aureichender Rechtsschutz.
Jegliche Entscheidung des Bundesasylamtes, demnach auch eine solche gemäß §5, unterliegt der uneingeschränkten Rechtskontrolle durch den Bundesasylsenat (s dazu §38 AsylG 1997), gegen dessen Entscheidungen wiederum beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angerufen werden können.
Die in §5 AsylG 1997 geregelte Ausweisung ist dem in Art129c Abs1 B-VG festgelegten Begriff der "Asylsachen" zu unterstellen. Der Verfassungsgesetzgeber setzte - und zwar offenkundig einem einheitlichen Konzept folgend - einerseits den aus Art129c bestehenden Abschnitt B des sechsten Hauptstücks des B-VG durch Art151 Abs17 B-VG mit 01.01.98 in Kraft, andererseits mit demselben Inkrafttretenszeitpunkt durch die Verfassungsbestimmung des §42 Abs1 AsylG 1997 dessen §38 Abs1, der im Rahmen seiner Einrichtung des Bundesasylsenates als Rechtsmittelinstanz gegen Bescheide des Bundesasylamtes implizit auf den mit demselben Gesetz festgelegten Wirkungsbereich des Bundesasylamtes abstellt, also auch auf die in §5 Abs1 geregelte Entscheidung über eine Ausweisung.
Keine unzulässige Zuständigkeitskonkurrenz zwischen der Asylbehörde und den Fremdenbehörden im Hinblick auf Art83 Abs2 B-VG. Bei der in §5 vorgesehenen Ausweisung durch das Bundesasylamt handelt es sich um ein eigenes Rechtsinstitut, das zu den in §33 f FremdenG 1997 normierten Ausweisungen hinzutritt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Auslegung verfassungskonforme, Auslegung völkerrechtlicher Verträge, Behördenzuständigkeit, Fremdenrecht, Rechtsschutz, StaatsverträgeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G117.2000Dokumentnummer
JFR_09989692_00G00117_01