RS Vfgh 2001/3/15 WI-15/99 ua

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Veröffentlicht am 15.03.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0300 Landtagswahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Tir LandtagswahlO 1993 §49 Abs3
Tir LandtagswahlO 1993 §51 Abs2
Tir LandtagswahlO 1993 §58 Abs1
Tir LandtagswahlO 1993 §65 Abs4
Tir LandtagswahlO 1993 §73 Abs3
VfGG §70 Abs1

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Tiroler Landtagswahl vom 07.03.99; Verfristung im Umfang der nicht vom VfGH mit Erkenntnis vom 16.10.99 aufgehobenen wahlbehördlichen Verfahrensschritte; mangelnde Substanziierung hinsichtlich des Vorwurfs der Zugrundelegung ursprünglicher Sprengelwahlergebnisse; kein Eingehen auf die behauptete Befangenheit eines Mitglieds der Kreiswahlbehörde; Prüfungsbefugnis des VfGH auch hinsichtlich der Gültigkeit der Stimmzettel; keine Beschränkung der Prüfungsbefugnis auf die rechtmäßige Handhabung der der Kreiswahlbehörde eingeräumten Zuständigkeit; Überprüfung der Stimmzettel durch die (möglicherweise unzuständige) Kreiswahlbehörde im Ergebnis gesetzmäßig; kein Einfluß auf das Wahlergebnis

Rechtssatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Tiroler Landtagswahl vom 07.03.99 nach neuerlicher Kundmachung des Wahlergebnisses aufgrund teilweiser Aufhebung des Wahlverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof mit E v 16.10.99, WI-5/99 ua.

Auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Zugrundelegung ursprünglicher Sprengelwahlergebnisse kann mangels ausreichender Substanziierung dieser Rechtswidrigkeitsbehauptung in der Wahlanfechtungsschrift nicht weiter eingegangen werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 16.10.99, WI-5,6,7/99, nicht das gesamte Wahlverfahren betreffend die Wahl des Tiroler Landtages vom 07.03.99 aufgehoben, sondern nur das Verfahren vor der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Innsbruck-Stadt vom Beginn der Sitzung am 10.03.99 an (sowie das zweite Ermittlungsverfahren vor der Landeswahlbehörde). Nur in diesem Umfang ist das Wahlverfahren einer neuerlichen Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof zugänglich. Alle wahlbehördlichen Vorgänge, die vor dieser Sitzung der Kreiswahlbehörde liegen, können im nunmehrigen Stadium des Wahlprüfungsverfahrens wegen Verfristung nicht neuerlich angefochten werden.

Soweit die FPÖ in ihrer Anfechtungsschrift die rechtswidrige Zulassung des Wahlvorschlages der SPÖ (im Wahlkreis 1) behauptet, steht diesem Vorbringen zudem das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen, weil über das gleiche Vorbringen schon abgesprochen wurde.

Auf die behauptete Befangenheit eines Mitgliedes der Kreiswahlbehörde war nicht einzugehen. Jenes Mitglied war auch Beisitzer in der Sprengelwahlbehörde des Sprengels 300 des Wahlkreises Innsbruck-Stadt. Nur in dieser Hinsicht könnte die Mitwirkung des Genannten an den Entscheidungen der Kreiswahlbehörde rechtswidrig sein. Das diesen Sprengel betreffende kreiswahlbehördliche Verfahren wurde von der Anfechtungswerberin aber nicht bekämpft.

Gemäß §65 Abs4 letzter Satz Tir LandtagswahlO 1993 hat die Kreiswahlbehörde die Gültigkeit der einzelnen Stimmzettel nur zu überprüfen, wenn die Niederschrift einer Wahlbehörde hiezu Anlass gibt.

Eine derartige wahlrechtliche Vorschrift ist - in verfassungskonformer Auslegung - nicht derart zu verstehen, dass die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren nach Art141 (Abs1) B-VG allein auf die Frage der rechtmäßigen Handhabung der der Kreiswahlbehörde in §65 Abs4 letzter Satz Tir LandtagswahlO 1993 eingeräumten Zuständigkeit beschränkt wäre; diese umfasst vielmehr auch die Frage, ob ein bei der angefochtenen Wahl abgegebener Stimmzettel als nach dem Gesetz gültig ausgefüllt zu werten ist oder nicht. Je nach dem, wie weit die diesbezüglich erwiesene Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens reicht, hat der Verfassungsgerichtshof - ihren Einfluss auf das Wahlergebnis vorausgesetzt - das ganze Wahlverfahren oder von ihm genau zu bezeichnende Teile des Wahlverfahrens aufzuheben.

Selbst wenn sich die Wahrnehmung der kreiswahlbehördlichen Zuständigkeit nach §65 Abs4 letzter Satz Tir LandtagswahlO 1993 als rechtswidrig erweisen sollte, vermöchte dies nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Wahl (oder einzelner ihrer Teile) zu führen, wenn sich zusätzlich zu dieser Rechtswidrigkeit auch noch die vom inkriminierten Vorgehen der Kreiswahlbehörde betroffene Stimmzettelbewertung - sei es die im Fall des Tätigwerdens der Kreiswahlbehörde von dieser vorgenommene oder im Fall der Untätigkeit der Kreiswahlbehörde die von der zuständigen Sprengelwahlbehörde durchgeführte - als gesetzwidrig erweist.

Die hinsichtlich einzelner Sprengel von der Kreiswahlbehörde - in neuerlicher Durchführung des vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Wahlverfahrens - vorgenommenen Neubewertungen der einzelnen in der Anfechtung angeführten und von der Kreiswahlbehörde mit Ziffern versehenen Stimmzettel entsprachen im Ergebnis dem Gesetz.

Die Handhabung der kreiswahlbehördlichen Zuständigkeit nach §65 Abs4 letzter Satz Tir LandtagswahlO 1993 vermag - selbst im Fall ihrer Rechtswidrigkeit - nur dann zu einer Wahlaufhebung zu führen, wenn - zusätzlich zu dieser Rechtswidrigkeit - auch (noch) die vom inkriminierten Vorgehen der Kreiswahlbehörde betroffene Stimmzettelbewertung (hier - in Folge der behaupteten rechtswidrigen Nichtwahrnehmung der kreiswahlbehördlichen Überprüfungsbefugnis - also die Stimmenbewertung durch die Sprengelwahlbehörde) gesetzwidrig ist.

Die Anfechtungswerberin hat unterlassen darzulegen, dass die (vom kreiswahlbehördlichen Verfahren unberührt gebliebenen) sprengelwahlbehördlichen Bewertungen der Stimmen als ungültig gesetzwidrig seien, und als für welche Partei (gültig) abgegeben diese Stimmen - nach dem Dafürhalten der Anfechtungswerberin - jeweils zu bewerten wären. Wenn aber solche erforderliche, inhaltliche Angaben zur Frage der Gültigkeit der einzelnen Stimmzettel fehlen, dann entzieht sich das Anbringen - mangels hinreichender Substanziierung - insgesamt einem näheren Eingehen seitens des Verfassungsgerichtshofes.

Kein Einfluss auf das Wahlergebnis iSd §70 VfGG.

Eine Beurteilung der verbleibenden Stimmzettel in den überprüften Wahlsprengeln des Wahlkreises Innsbruck-Stadt als gültig oder ungültig abgegebene Stimmen durch den Verfassungsgerichtshof vermöchte auf das Wahlergebnis keinesfalls mehr Einfluss zu üben.

Entscheidungstexte

  • W I-15/99 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.03.2001 W I-15/99 ua

Schlagworte

Befangenheit, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Sachentscheidung Wirkung, Wahlen, Wahlbehörden, Ermittlungsverfahren, Stimmzettel, Wahlbehörden, Wahlvorschlag, Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:WI15.1999

Dokumentnummer

JFR_09989685_99W0I015_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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