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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art49Leitsatz
Aufhebung der die Ambulanzgebühr betreffenden Bestimmungen des Sozialrechts-ÄnderungsG 2000 wegen verfassungswidriger Kundmachung; Missachtung des Gebotes der vollständigen Publikation im Bundesgesetzblatt; Verfassungswidrigkeit der neuerlichen Kundmachung des zuvor mangelhaft publizierten Gesetzes zur GänzeRechtssatz
Zulässigkeit eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen des Sozialrechts-ÄnderungsG 2000, BGBl I 92 und BGBl 101 idF BGBl 102.
Ein Antrag eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates ist als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (VfSlg 14802/1997 (S 397), 14895/1997 (1036 f.)).
Zurückweisung des Antrags hinsichtlich der durch das BudgetbegleitG 2001, BGBl I 142/2000, und das Bundesgesetz BGBl I 5/2001 geänderten Bestimmungen des Sozialrechts-ÄnderungsG 2000.
Aufhebung der die Ambulanzgebühr betreffenden Bestimmungen des Sozialrechts-ÄnderungsG 2000, BGBl I 92.
Der Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend das Sozialrechts-ÄnderungsG 2000 ist vom Bundeskanzler zwei Mal im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden: zum ersten Mal in der am 11.08.00 ausgegebenen Nr 92 des Teiles I des Jahrganges 2000 des Bundesgesetzblattes, wobei der solcher Art kundgemachte Text in einer Reihe von Punkten vom Text des diesen Verhandlungsgegenstand betreffenden Gesetzesbeschlusses des Nationalrates abweicht, und zum zweiten Mal in der am 24.08. ausgegebenen Nr 101 des Teiles I des Jahrganges 2000 des Bundesgesetzblattes.
Die (näher bezeichneten) Abweichungen stellen über Druckfehler hinausgehende Publikationsmängel dar: Im kundgemachten Text fehlt nämlich jeweils ein im beschlossenen Text enthaltener, den materiellen Gesetzesinhalt mitbestimmender (u zw die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung eines Behandlungsbeitrages für einen Ambulanzbesuch in bestimmten (Ausnahme)Fällen einschränkender) Satzteil.
Darin liegt wegen der Missachtung des Gebotes der vollständigen Publikation im Gesetzblatt ein Verstoß gegen Art49 B-VG, sodass die in Rede stehenden - jeweils den nicht kundgemachten Satzteil gleichsam negativ umfassenden - gesetzlichen Bestimmungen zur Gänze wegen dieser Verfassungswidrigkeit aufzuheben sind.
Im Einzelnen sind davon die den "Behandlungsbeitrag-Ambulanz" betreffenden Bestimmungen des ASVG, GSVG, BSVG und B-KUVG erfasst.
Im Übrigen Abweisung des das Sozialrechts-ÄnderungsG 2000, BGBl I 92, betreffenden Antrags.
Des weiteren erweist sich die mit BGBl I 101/2000 erfolgte neuerliche Kundmachung des zuvor bereits mit BGBl I 92/2000 publizierten Sozialrechts-ÄnderungsG 2000, und zwar zur Gänze, als verfassungswidrig. Bei geltender Rechtslage besteht nämlich für den Bundeskanzler keine Ermächtigung, einen Publikationsmangel, wie er bei der Kundmachung unterlaufen ist, durch die neuerliche Kundmachung ein- und desselben Gesetzesbeschlusses zu beheben.
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht der Auffassung, dass die neuerliche Kundmachung absolut nichtig wäre. Der ihr anhaftende Mangel ist nicht geeignet, mehr als ihre Verfassungswidrigkeit zu bewirken (vgl VfSlg 5996/1969): Der äußeren Erscheinung nach handelt es sich um ein Bundesgesetz. Von außen her ist kein Mangel erkennbar, der dem publizierten Text den Charakter als Bundesgesetz nehmen würde; daran ändert auch der Umstand nichts, dass aus der dem Titel angefügten Fußnote erkennbar wird, dass damit die Kundmachung BGBl I 92/2000 "ersetzt" werden sollte.
Schlagworte
Gesetz Kundmachung, Kundmachung Gesetz, Sozialversicherung, Krankenversicherung, VfGH / Prüfungsgegenstand, Geltung eines Gesetzes, NovellierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G152.2000Dokumentnummer
JFR_09989684_00G00152_01