RS Vfgh 2001/3/16 B93/98 ua

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Veröffentlicht am 16.03.2001
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BundesforsteG 1996 §1
Tir GVG 1996 7 Abs1 lite
Tir GVG 1996 §6
Tir GVG 1996 §6 Abs1 lita

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Bestimmung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes hinsichtlich des Versagungstatbestandes der befürchteten Bildung oder Vergrößerung von Großbesitz; öffentliches Interesse an dieser Beschränkung gegeben; Verletzung im Gleichheitsrecht durch Unterlassung der im Gesetz gebotenen Interessenabwägung bei Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Tauschvertrages im Hinblick auf die Vergrößerung von Großbesitz; keine Berücksichtigung der Substanzerhaltungspflicht der Österreichischen Bundesforste

Rechtssatz

Legitimation des Bundes (Bundesforste) zur Beschwerdeführung gegen einen grundverkehrsbehördlichen Bescheid.

Die beiden - Teil des Tauschgeschäfts bildenden - Grundstücke in Fieberbrunn sind nicht in der Anlage zum BundesforsteG 1996 angeführt und stehen daher im Eigentum des Bundes, was im Grundbuch durch den Vermerk "Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)" auch ersichtlich ist.

Angesichts dessen ist erklärbar, daß sich der Bund im Verfahren als "Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)" bezeichnet, was aber nichts an der Zurechenbarkeit der Beschwerde zum Bund ändert, der zu dieser Beschwerde auch legitimiert ist.

Keine Bedenken gegen §7 Abs1 lite Tir GVG 1996.

Bei den im Eigentum des Bundes (Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)) gelegenen Grundstücken in Tirol handelt es sich um "Großbesitz" iSd §7 Abs1 lite Tir GVG 1996. Der Versagungstatbestand der "Bildung" von Großbesitz kann somit seitens der Beschwerdeführerin von vornherein in Tirol nicht (mehr) verwirklicht werden; ein Widerspruch der genannten Grundverkehrsregelung zur Verfassungsbestimmung im BundesforsteG 1996 ist somit insoweit ausgeschlossen.

Andererseits kann §1 BundesforsteG 1996 auch nicht dahingehend verstanden werden, daß diese Norm eine "Vergrößerung" des Großbesitzes der Österreichischen Bundesforste in Tirol fordert.

Daß §7 Abs1 lite Tir GVG 1996 vorsieht, daß die Genehmigung zum Grundstückserwerb dann zu versagen ist, wenn die Grundstücke zur (Bildung oder) Vergrößerung von Großbesitz erworben werden sollen, stellt im übrigen eine Beschränkung dar, die im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Auch hegt der Verfassungsgerichtshof keine Zweifel, daß die Regelung des §7 Abs1 lite Tir GVG 1996 angemessen ist, um die vom Verfassungsgerichtshof nicht in Zweifel gezogenen Zielsetzungen dieser Norm - Hintanhaltung der Konzentration und Monopolbildung im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (vgl VfSlg 13386/1993, S 283) - zu verwirklichen. Dieser Norm kann nämlich nicht unterstellt werden, daß die Zustimmung zum Grunderwerb ausnahmslos zu versagen sei. Bei einem entsprechenden Verständnis des §7 Abs1 lite Tir GVG 1996 steht diese Norm nicht dem Erfordernis entgegen, im konkreten Genehmigungsverfahren spezifische Aspekte zu berücksichtigen, die auch mit dem im vorliegenden Fall zu beurteilenden Rechtserwerb verbunden sind (Tauschgeschäft; Relevanz der Verfassungsbestimmung des §1 Abs1 BundesforsteG 1996). Schon der Verweis in §7 Abs1 Tir GVG 1996 auf die in §6 Abs1 lita leg cit normierten öffentlichen Interessen eröffnet die Möglichkeit, das Schutzziel des §7 gegenüber den Zielen des §6 Tir GVG 1996 abzuwägen.

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Unterlassung der im Gesetz gebotenen Interessenabwägung bei Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Tauschvertrages im Hinblick auf die Vergrößerung von Großbesitz gem §7 Abs1 lite Tir GVG 1996.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht in hinreichender Weise den Umstand der Auswirkungen des konkreten Tauschgeschäftes im Lichte der Zielsetzungen nach §6 Abs1 lita Tir GVG 1996 - der Grunderwerb des Beschwerdeführers zu B93/98, eines praktizierenden Landwirts, würde für diesen nach den (unbestrittenen) Ausführungen der Bezirks-Grundverkehrskommission zu einer sinnvollen Besitzaufstockung bzw zu einer agrarstrukturellen Bereinigung führen - der erwähnten numerischen "Vergrößerung" eines bestehenden Großbesitzes gegenübergestellt. Dazu wäre sie aber nach dem Wortlaut des Gesetzes verhalten gewesen.

Die belangte Behörde hat es somit verabsäumt, den Versagungstatbestand des §7 Abs1 lite Tir GVG 1996 in einer Weise zu interpretieren, die der - im öffentlichen Interesse gelegenen und durch die Bestimmung des §1 Abs1 BundesforsteG verfassungsrechtlich normierten - Substanzerhaltungspflicht der Beschwerdeführerin zu B104/98, aber auch den - gleichfalls im öffentlichen Interesse liegenden - Zielsetzungen des §6 Abs1 lita Tir GVG 1996 Rechnung trägt.

Entscheidungstexte

  • B 93/98 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 16.03.2001 B 93/98 ua

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, VfGH / Legitimation, Bundesforste

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B93.1998

Dokumentnummer

JFR_09989684_98B00093_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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