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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht infolge willkürlicher Aufhebung eines Zusammenarbeitsvertrages zwischen einer Gemeinde und einem Tourismusverband durch die Aufsichtsbehörde zwei Jahre nach aufsichtsbehördlicher Genehmigung des Vertrags; keine gebührende Berücksichtigung der erworbenen Rechte des beschwerdeführenden Tourismusverbandes; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; Aufsichtsrecht des Landes auch hinsichtlich der die Privatwirtschaftsverwaltung betreffenden Beschlüsse einer Gemeinde gegebenRechtssatz
Der angefochtene Bescheid der Krnt Landesregierung spricht von der Aufhebung des zwischen der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See und dem Tourismusverband Klopeiner See - Turnersee beschlossenen Zusammenarbeitsvertrages. Der Gerichtshof geht jedoch davon aus, daß mit dieser Wortwahl der Sache nach die Aufhebung jenes Beschlusses des Gemeinderates der Gemeinde St. Kanzian gemeint ist, mit dem der Zusammenarbeitsvertrag geändert wurde. Zu einer solchen Maßnahme ist das Land aber im Rahmen seines Aufsichtsrechtes befugt.
Die staatliche Aufsicht erstreckt sich auf den gesamten Wirkungsbereich einer Gemeinde, gleichgültig, ob es sich hiebei um Angelegenheiten der Hoheits- oder Privatwirtschaftsverwaltung handelt. Das Aufsichtsrecht des Landes erstreckt sich somit auch auf jene Beschlüsse der Gemeinde, die die Privatwirtschaftsverwaltung betreffen, würde doch andernfalls die Wirksamkeit der Kontrolle davon abhängen, ob die Gemeinde sich bei ihrem Handeln hoheitlicher oder privatwirtschaftlicher Formen bedient.
Da die von der Behörde in Anspruch genommene Zuständigkeit ihr also gesetzlich zukommt, wird die beschwerdeführende Partei nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der beschwerdeführende Tourismusverband konnte zu Recht davon ausgehen, daß der Zusammenarbeitsvertrag von der Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 09.02.98 (ungeachtet der Wortwahl "zur Kenntnis genommen") genehmigt worden und daher wirksam geworden war. Sie konnte deshalb im Vertrauen auf diesen Vertrag, der ihr insbesondere längerfristig Anspruch auf die Zuweisung bestimmter Anteile aus den Fremdenverkehrsabgaben einräumte, ihre Planung ausrichten, Budgets erstellen und Verträge abschließen.
Die Kärntner Landesregierung hätte daher die Verpflichtung gehabt, besonders sorgfältig die Gründe zu erwägen, die für die Aufrechterhaltung des Vertrages sprachen. Sie hätte vor allem die erworbenen Rechte der beschwerdeführenden Partei gebührend zu berücksichtigen und eine Abwägung zwischen diesen Rechten und der Schwere des Gesetzesverstoßes, den sie selbst seinerzeit nicht aufgegriffen hatte, vorzunehmen gehabt.
Schlagworte
Auslegung eines Bescheides, Behördenzuständigkeit, Gemeinderecht, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Wirkungsbereich eigener, Privatwirtschaftsverwaltung, Rechte wohlerworbene, VertrauensschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1033.2000Dokumentnummer
JFR_09989389_00B01033_01