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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Gesetzwidrigkeit bzw Gleichheitswidrigkeit von Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien teils zur Gänze mangels ordnungsgemäßer Kundmachung teils hinsichtlich einiger Bestimmungen und Wortfolgen; Mindestmaß an Publizität der nicht ordnungsgemäß kundgemachten Verordnungen gegeben zur Begründung eines tauglichen Prüfungsobjektes; keine sachliche Rechtfertigung der erheblichen Benachteiligung freiberuflich tätiger Ärzte mit Kassenvertrag im Vergleich zu solchen ohne Kassenvertrag bei Festsetzung der KammerumlageRechtssatz
Die - als Rechtsverordnungen zu wertenden - Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien für die Jahre 1994 bis 1996 sind - obwohl die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichung unterblieben ist - dadurch, daß sie den Kammerangehörigen bekannt geworden und ihnen gegenüber vollzogen worden sind, in rechtliche Existenz getreten; diese Umlagenordnungen weisen daher jenes Mindestmaß an Publizität auf, das der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zufolge (zB VfSlg. 7375/1974, 8351/1978, 9247/1981, 11.624/1988, 14.985/1997) vorliegen muß, damit diese Rechtsakte als Prüfungsobjekt für ein Verordnungsprüfungsverfahren in Betracht kommen.
Die Umlagenordnungen für die Jahre 1994 bis 1996 sind nicht in jener Weise kundgemacht worden, die das (im vorliegenden Fall anzuwendende) Ärztegesetz 1984 in seinem §104 Abs2 dritter Satz verlangt.
Gemäß Art139 Abs3 litc B-VG waren die Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien für die Jahre 1994 bis 1996 daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien für die Jahre 1991 bis 1993 und 1997 waren hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Bestimmungen bzw. Wortfolgen, die jeweils eine untrennbare Einheit bilden (vgl. VfSlg. 13.494/1993 (S 708)), als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Höhe der Kammerumlage ist in den Umlagenordnungen für die Jahre 1991 bis 1993 sowie für das Jahr 1997 in einer Weise festgesetzt worden, die freiberuflich tätige Ärzte mit Kassenvertrag im Vergleich zu solchen ohne Kassenvertrag erheblich benachteiligt, ohne daß diese Benachteiligung sachlich gerechtfertigt wäre.
Keine ausreichende Bedachtnahme auf die "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" iSd §56 Abs4 erster Satz ÄrzteG 1984.
Es widerspricht dem Gleichheitssatz, innerhalb der Gruppe der freiberuflich tätigen Ärzte eine Differenzierung derart zu treffen, daß eine Teilgruppe - nämlich jene der Kassenvertragsärzte - herausgegriffen und in einem unverhältnismäßig höheren Maß als andere Gruppen von Umlagepflichtigen mit Kammerumlage belastet wird.
Eine Zuordnung der zentralen Aufgaben der Kammern, die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefaßten Personen einerseits gegenüber dem Staat zu vertreten und andererseits gegenüber dem Sozialpartner durchzusetzen zu versuchen, läßt eine individuelle Zuordnung an einzelne Mitglieder generell gar nicht zu, weshalb die Kammerumlagen steuerähnlichen Abgaben, nicht hingegen Gebühren vergleichbar sind (vgl. VfSlg. 14.072/1995 (S 344)). Der Umstand, daß einzelne der von der Ärztekammer für Wien im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises zu erbringenden Leistungen (vgl. §38 Abs1 ÄrzteG 1984) ausschließlich oder überwiegend einer Gruppe von Kammerangehörigen zugute kommen, hat daher für die Bemessung der Kammerumlage außer Betracht zu bleiben.
Auch eine systematische Interpretation des Begriffs "Art der Berufsausübung" iS des §56 Abs4 erster Satz ÄrzteG 1984 ergibt, daß es diese Bestimmung insoweit (lediglich) zuläßt, eine Differenzierung danach zu treffen, ob die ärztliche Tätigkeit selbständig oder aber (ausschließlich) im Rahmen eines Dienst- oder Beamtenverhältnisses ausgeübt wird.
Ebenso für die UmlagenO der Ärztekammer für Wien für die Jahre 1998 und 1999: E v 27.11.01, V100/01 ua mit Verweis auf die vorliegende Entscheidung (Anlaßfälle und Quasi-Anlaßfälle hiezu siehe B656/98).
Ebenso auch für die UmlagenO der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2000: E v 11.12.02, V80/02 (Anlaßfall hiezu siehe B656/98).
(Anlaßfälle: B656/98, B1191/98, B1192/98, B1225/98, B1226/98, alle E v 27.06.01 - teilweise Aufhebung der angefochtenen Bescheide; im übrigen Ablehnung der Beschwerden; Quasi-Anlaßfall: E v 10.10.01, B530/01 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Ärztekammer, Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V107.2000Dokumentnummer
JFR_09989388_00V00107_01