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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art94Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Regelung über die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile in Österreich aufgrund einer Feststellung durch den Justizminister; kein Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung; keine Verletzung der Verfahrensgarantien der Europäischen MenschenrechtskonventionRechtssatz
Teilweise Zulässigkeit der Anträge des VwGH auf Aufhebung des §24 Abs1 der Vierten DurchführungsV zum EheG.
Gesetzesrang dieser Bestimmung aufgrund §2 R-ÜG.
Teilweise Zurückweisung der Anträge wegen zu weit gefaßten Aufhebungsantrags.
Aus dem Vorbringen des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, daß es in allen bei ihm anhängigen Verfahren, aufgrund derer er seine Anträge eingebracht hat, um ausländische Ehescheidungsurteile geht.
Die Anträge sind daher, da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, hinsichtlich der Wortfolge "dem Bande nach oder", zulässig, im übrigen aber als überschießend zurückzuweisen.
Der Verfassungsgerichtshof geht weiters davon aus, daß die Ehescheidung dem Bande nach der Regelfall einer Scheidung ist, auf den nicht gesondert hingewiesen werden muß.
Keine Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "dem Bande nach oder" in §24 Abs1 der Vierten DurchführungsV zum EheG.
Ausländische Eheentscheidungen waren gemäß §24 Abs1 der Vierten DurchführungsV zum EheG im Inland nur wirksam, wenn der Bundesminister für Justiz festgestellt hatte, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Anerkennung - unter Bedachtnahme auf §328 Reichs-Zivilprozeßordnung - vorlagen.
Dies bedeutete, daß Verwaltungsbehörden, aber auch Gerichte bei der Beurteilung der Vorfrage, ob ein ausländisches Scheidungsurteil anzuerkennen sei, an den Bescheid des Bundesministers für Justiz gebunden waren und nicht mehr selbst darüber entscheiden konnten (VfSlg. 5983/1969).
Kein Verstoß gegen Art94 B-VG (siehe Vorjudikatur).
Der Gesetzgeber hatte dem Bundesminister für Justiz lediglich die Zuständigkeit zur Entscheidung übertragen, ob der Anerkennung einer ausländischen Eheentscheidung Versagungsgründe entgegenstanden oder nicht entgegenstanden. Es fiel nicht in die Kompetenz des Bundesministers für Justiz festzustellen, daß eine Ehe für den österreichischen Rechtsbereich bestehe oder nicht bestehe bzw. zu einem bestimmten Zeitpunkt bestanden habe oder nicht bestanden habe. Zu einer solchen Feststellung waren ausschließlich die Gerichte berufen (§76 JN; BMJ EFSlg. 5295).
§24 leg. cit. fällt jedenfalls nicht in den Kernbereich der "civil rights".
Selbst wenn man aber davon ausginge, daß die Entscheidung des Bundesministers für Justiz nach §24 Abs1 leg. cit. in den Kernbereich des Art6 EMRK gefallen ist, wäre die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in diesem speziellen Fall ausreichend.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Geltung Gesetz, Verordnungsbegriff, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, Rechtsüberleitung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Prüfungsumfang, Zivilprozeß, EherechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G25.1999Dokumentnummer
JFR_09989384_99G00025_01