RS Vfgh 2001/6/18 G6/01

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Veröffentlicht am 18.06.2001
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7400 Fremdenverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
Oö TourismusG 1990 §35
UStG 1994 §7

Leitsatz

Keine sachlichen Gründe für die Einschränkung der Ausnahme auswärtiger Umsätze von der Bemessungsgrundlage für die Interessentenbeiträge nach dem Oö Tourismus-Gesetz auf von einer Betriebsstätte des Tourismusinteressenten außerhalb Oberösterreichs aus erbrachte Umsätze; verfassungskonformes Ergebnis hinsichtlich einer Abzugsfähigkeit aller von einem Leistungsort außerhalb Oberösterreichs aus erbrachter Umsätze durch Aufhebung der geprüften Wortfolge

Rechtssatz

Präjudizialität des §35 Abs3 zweiter Satz Oö TourismusG 1990.

Die genannte Bestimmung hat die Berechnung des beitragspflichtigen Umsatzes zum Inhalt. Diesen hat die Behörde bei Vorschreibung des Interessentenbeitrages zu ermitteln. Sämtliche die Bemessungsgrundlage betreffenden Bestimmungen und demnach auch §35 Abs3, zweiter Satz, leg.cit. sind daher präjudiziell. Im Falle einer Betriebsstätte außerhalb Oberösterreichs hat der von ihr aus erbrachte Umsatz außer Ansatz zu bleiben. Liegt diese Voraussetzung - wie im Fall des dem Gesetzesprüfungsverfahren zugrundeliegenden Beschwerdeverfahrens - nicht vor, sind die außerhalb Oberösterreichs getätigten Umsätze in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.

Die Wortfolge "von einer Betriebsstätte des Tourismusinteressenten" und das Wort "aus" im zweiten Satz des §35 Abs3 Oö TourismusG 1990, LGBl. 81/1989, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Auswärtige Umsätze werden nur unter den Voraussetzungen des Satzes 2 des §35 Abs3 Oö TourismusG 1990 aus der Bemessungsgrundlage ausgeklammert, nämlich dann, wenn sie von einer Betriebsstätte des Tourismusinteressenten außerhalb Oberösterreichs aus erbracht werden.

In einem an das UStG 1994 anknüpfenden Gesetz kann, wenn nicht zwingende Gründe in eine andere Richtung weisen, nicht davon ausgegangen werden, daß der umsatzsteuerlich auf Gegenstände bezogene Begriff der Lieferung auch Dienstleistungen (sonstige Leistungen) umfaßt. Gerade der Verweis auf §7 UStG 1994, wo die Ausfuhrlieferung geregelt ist (eine Norm, die auf Dienstleistungen auch nicht sinngemäß übertragbar ist, weil sie den körperlichen Export eines Gegenstandes voraussetzt), bestätigt aber, daß auch das Oö TourismusG 1990 hier von Lieferungen im umsatzsteuerlichen Verständnis spricht.

Ein verfassungskonformes Ergebnis läßt sich erzielen, wenn die in Prüfung gezogenen Worte in Satz 2 des §35 Abs3 Oö TourismusG 1990 beseitigt werden, weil dann gesichert ist, daß alle Umsätze, die ihren Leistungsort außerhalb des Bundeslandes Oberösterreich haben, von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können.

Nach der bereinigten Rechtslage sind sämtliche außerhalb des Bundeslandes Oberösterreich erbrachten Umsätze von der Bemessungsgrundlage freizustellen, wozu jedenfalls auch Umsätze gehören, die durch den Tourismus in Oberösterreich mit bedingt sind. Der Unterschied zur gegenwärtigen Fassung besteht lediglich darin, daß es dabei gleichgültig ist, ob derartige Umsätze mit einer Betriebsstätte zusammenhängen oder nicht; eine weitergehende Änderung ist mit der Aufhebung nicht verbunden.

Hinsichtlich des ersten Satzes des §35 Abs3 Oö TourismusG 1990 ist der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß (vorläufig) davon ausgegangen, daß Satz 1 nach Aufhebung der in Prüfung gezogenen Worte des Satzes 2 seinen Sinn verliert (weil dann ohnehin in jedem Einzelfall ein Abzug auswärtiger Umsätze möglich ist), somit mit Satz 2 in einem untrennbaren Zusammenhang steht und daher (ebenfalls) präjudiziell ist. Diese Annahme hat sich nicht bestätigt. Obwohl durch die bereinigte Fassung des Satzes 2 erreicht wird, daß sämtliche auswärtigen Umsätze in jedem Einzelfall von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können, kann es nämlich doch sinnvoll sein, statt dieser individuellen Ermittlung die pauschale Umreihung in eine höhere Beitragsgruppe (sofern eine solche vom Verordnungsgeber vorgesehen wurde) in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise den Einzelnachweis zu vermeiden. Der Gerichtshof geht freilich davon aus, daß eine solche Umreihung, um ihre Gesetzeskonformität überprüfen zu können, vom Verordnungsgeber kenntlich gemacht werden müßte und nicht dazu führen dürfte, daß den Betroffenen die Alternative des Einzelnachweises abgeschnitten wird.

(Anlaßfall: E v 22.06.01, B433/00 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

  • G 6/01
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 18.06.2001 G 6/01

Schlagworte

Fremdenverkehr, Abgaben, Umsatzsteuer, Lieferung, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:G6.2001

Dokumentnummer

JFR_09989382_01G00006_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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