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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.338,20 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Eingabe vom 24. Juli 2001 beantragten die nunmehrigen Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses, einer Doppelgarage und einer Stützmauer auf dem Grundstück Nr. 2573/2, KG Gramastetten. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Gramastetten wies das Ansuchen mit Bescheid vom 18. Jänner 2002 wegen Widerspruchs zu der am 31. Oktober 2001 beschlossenen Verordnung des Gemeinderates, mit der das Grundstück zum Neuplanungsgebiet erklärte wurde, zum "Flächenwidmungsplanentwurf Nr. 3" und zum [Entwurf des] örtlichen Entwicklungskonzept[es] ab. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Gramastetten wies mit Bescheid vom 11. Juli 2002 die dagegen erhobene Berufung ab. Das Grundstück solle als "WE - Gebiet für einen zeitweiligen Wohnbedarf - mit baulichen Einschränkungen" gewidmet werden. Die Oberösterreichische Landesregierung gab der Vorstellung mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 Folge. Gemäß §23 Abs2 OÖ ROG 1994 dürften in Zweitwohnungsgebieten auch Bauten für einen dauernden Wohnbedarf errichtet werden. Die Verordnung, mit der das Grundstück zum Neuplanungsgebiet erklärt worden sei, enthalte nur einschränkende Bestimmungen betreffend den Um- bzw. Neubau bestehender Gebäude, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht wesentlich verändert werden dürften, nicht jedoch betreffend den Neubau von Gebäuden. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Gramastetten beschloss am 13. Februar 2003 den Flächenwidmungsplan Nr. 3 mit dem örtlichen Entwicklungskonzept Nr. 1, genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. März 2003. Er gab nunmehr mit Bescheid vom 22. April 2003 der Berufung vom 8. Februar 2002 gestützt auf den Flächenwidmungsplan keine Folge. Das Grundstück sei als "WE mit Bm - Schutzzone" ausgewiesen. Aufgrund der "Bm-Einschränkungen im Bereich der 'Gebiete für den zeitweiligen Wohnbedarf' [WE] [dürfe] auch für das betroffene Gebiet in der Götzlingerstraße [...] bei Neu- und Zubauten die bebaute Fläche und die Höhe des Gebäudes um maximal 10% des derzeitigen Bestandes (Jahr 2003) überschritten werden". Im vorliegenden Fall würde die neu zu bebauende Fläche (insgesamt 149 m²) das zulässige Ausmaß von 62 m² (Bestand von 56 m²) überschreiten.
Die Oberösterreichische Landesregierung gab der dagegen erhobenen Vorstellung mit dem bekämpften Bescheid vom 3. Juli 2003 keine Folge.
2. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
3. Die Marktgemeinde Gramastetten erstattete eine Äußerung, in der sie mitteilte, dass mit "Bestand 2003" der rechtskräftig bewilligte Baubestand zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Flächenwidmungsplanes gemeint sei.
4. Die Oberösterreichische Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die einschränkenden Festlegungen würden im Wesentlichen für alle in Streulage errichteten "Wochenendhäuser und Wochenendhütten" gelten.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 7. Dezember 2004 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gramastetten vom 25. April 2002 und 13. Februar 2003, mit der das Örtliche Entwicklungskonzept Nr. 1 und der Flächenwidmungsplan Nr. 3 beschlossen wurde, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. März 2003 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 17. März 2003 bis 1. April 2003, soweit die im Ortsteil Pöstlingberg am weitesten im Süden gelegenen und im Süden an das als Bauland-Wohngebiet gewidmete Grundstück Nr. 2577/3, KG Gramastetten, angrenzenden Grundstücke als "WE - Bm" ["Gebiete für einen zeitweiligen Wohnbedarf" mit "baulichen Maßnahmen"] gewidmet sind, eingeleitet.
Mit Erkenntnis vom 15. Juni 2005, protokolliert zu V6/05, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnung in näher bezeichnetem Umfang als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 359,70, ein Streitgenossenzuschlag in der Höhe von € 163,50 sowie eine Eingabegebühr in der Höhe von € 180,- enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1080.2003Dokumentnummer
JFT_09949378_03B01080_00