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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Nichtanwendung der Steuerbegünstigung für sonstige Bezüge, insbesondere den 13. und 14. Monatsbezug, auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit; Analogieschluß mangels Vorliegen einer planwidrigen Lücke nicht geboten; keine Gleichheitsbedenken gegen diese aufgrund ihrer Breitenwirkung im Effekt normierte Tarifbegünstigung im Bereich der Lohnsteuer; Berücksichtigung sozialer Symmetrie zwischen den Einkunftsarten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des GesetzgebersRechtssatz
Es besteht keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, daß die auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogenen Regelungen des EStG (welche die belangte Behörde auf die vom Beschwerdeführer bezogenen Einkünfte angewendet hat) unvollständig wären, somit eine Lücke enthielten. Dies aber wäre unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des §67 Abs1 EStG auf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Wege eines Ähnlichkeitsschlusses (Gesetzesanalogie).
Keine Gleichheitsbedenken gegen §67 Abs1 EStG.
Bei §67 Abs1 EStG handelt es sich zwar nominell um eine Begünstigung für sonstige Bezüge, die sich aber wegen ihrer Breitenwirkung de facto als eine generelle Ermäßigung des Einkommensteuertarifs für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auswirkt.
Die Regelung des §67 Abs1 EStG, zumindest soweit sie sich auf den 13. und 14. Bezug bezieht, kann zwar nach der heute gegebenen Sach- und Rechtslage weder mit dem Argument der Vereinfachung der Steuererhebung noch mit dem Erfordernis einer Progressionsermäßigung (§37 EStG) gerechtfertigt werden.
Dem österreichischen Einkommensteuergesetz liegt ein einheitlicher, grundsätzlich synthetischer Einkommensbegriff zugrunde. Durch die Einbeziehung der wichtigsten Formen der Kapitalerträge in den Kapitalertragsteuerabzug hat der Gesetzgeber einerseits für eine gleichmäßigere Erfassung dieser Einkünfte gesorgt, andererseits aber durch die Abgeltungswirkung (Endbesteuerung) die Synthetik der Einkommensteuer weiter ausgehöhlt. Dazu kommen die den verschiedenen Einkunftsarten typischerweise im unterschiedlichen Maße offenstehenden Möglichkeiten, durch Wahl entsprechender Rechtsformen und Gestaltungen (etwa Kapitalgesellschaften, Privatstiftungen) das Konzept einer homogenen Besteuerung von Einkommen zu durchbrechen.
Insgesamt bietet sich das Bild einer gewissen sozialen Symmetrie der Begünstigungen. Der Verfassungsgerichtshof ist daher der - bereits in VfSlg. 10.155/1984 vertretenen und vom Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis offenbar geteilten - Auffassung, daß im Rahmen dieser differenzierten Behandlung der Einkunftsarten dem auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogenen §67 Abs1 EStG bei einer - gebotenen - Durchschnittsbetrachtung die Funktion eines Ausgleiches der für andere Einkunftsarten geltenden begünstigenden Regelungen und Dispositionsmöglichkeiten zugeschrieben werden kann und er insoweit auch eine sachliche Rechtfertigung findet.
Daß die differenzierende Behandlung der Einkunftsarten im Laufe der letzten Jahrzehnte außerhalb der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugunsten einer gleichmäßigeren, homogenen Erfassung des Einkommens soweit abgebaut worden sei, daß auch die Rechtfertigung für eine generelle Begünstigung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte in Frage gestellt werden könnte, kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden.
Daß die verschiedenen Sonderregelungen und Dispositionsmöglichkeiten nur im Gesamtkontext ein einigermaßen ausgewogenes Bild bieten, es hingegen aus der Sicht eines einzelnen Steuerpflichtigen zu Härten kommen kann, weil er von den begünstigenden Sonderregelungen oder Dispositionsmöglichkeiten "seiner" Einkunftsart im Einzelfall nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen kann, bezweifelt der Gerichtshof nicht. Dies ändert angesichts der gebotenen Durchschnittsbetrachtung aber nichts am Ergebnis.
Es darf auch nicht übersehen werden, daß die in Rede stehende Tarifbegünstigung auf eine Einkunftsart bezogen ist, bei der die Höhe des Einkommens typischerweise heteronom bestimmt wird.
Ebenso wie es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zusteht, die einkünftebezogenen Sonderregelungen anderer Einkunftsarten zu modifizieren, steht ihm dies unter Berücksichtigung der erwähnten sozialen Symmetrie zwischen den Einkunftsarten auch im Hinblick auf §67 Abs1 leg.cit. frei. Dies ist jedoch nach dem Gesagten eine rechtspolitische Entscheidung, die zu treffen der Gesetzgeber und nicht der Verfassungsgerichtshof berufen ist.
Schlagworte
Auslegung, Analogie, Einkommensteuer, Einkunftsarten, Lohnsteuer, Bezüge sonstige, RechtspolitikEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1437.2000Dokumentnummer
JFR_09989382_00B01437_01