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92 LuftverkehrNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Abweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes betreffend die Verpflichtung des Halters eines Luftfahrzeuges zum Abschluß einer Fluggast-Unfallversicherung; kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot angesichts des durch die Regelung erzielten erhöhten Versicherungsschutzes der Fluggäste und ihrer Angehörigen; kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht; kein Verstoß der Regelung über die Ausnahme von der Versicherungspflicht für unentgeltliche Flüge im Rahmen des Flugsports gegen das DeterminierungsgebotRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung des §164 Abs1 bis Abs4 LuftFG.
§164 Abs1 LuftFG wird für die antragstellenden Halter von Luftfahrzeugen unmittelbar wirksam, ohne daß es der Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder der Erlassung eines Bescheides bedürfe. Es steht den Antragstellern aber auch kein anderer zumutbarer Weg zu Gebote.
Den Normunterworfenen ist es nicht zumutbar, ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren (hier durch Unterlassung des Abschlusses der nach §164 LuftFG vorgeschriebenen Fluggast-Versicherungen) zu provozieren (vgl §169 Abs1 Z1 LuftFG).
Daß die Anfechtung der Bestimmungen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 102/1997 beabsichtigt ist, wird am Deckblatt des Individualantrages ausdrücklich angeführt. In Verbindung mit der Begründung des Antrages ist damit in hinreichender Deutlichkeit erkennbar, daß die Aufhebung der Bestimmungen in der eben genannten Fassung gemeint ist.
Die von der Bundesregierung ins Treffen geführte Auffassung, daß bei einer etwaigen Aufhebung des Abs1 und des Abs2 des §164 LuftFG der Abs3 und der Abs4 "auf allfällige freiwillige Versicherungen anwendbar wären", vermag aufgrund des systematischen Zusammenhangs der vier in Rede stehenden Absätze - alle sind mit der Normierung der obligatorischen Fluggast-Unfallversicherung verknüpft - nicht zu überzeugen.
Abweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §164 Abs1 bis Abs4 LuftFG, BGBl 253/1957 idF BGBl 102/1997.
Die Unfallversicherung bezweckt den Schutz des Fluggastes oder - im Todesfall - den Schutz der Angehörigen; sie setzt nicht voraus, daß vor Auszahlung der Beträge eine Schadenersatzpflicht des Beförderers festgestellt wird, was mitunter erst nach einem längere Zeit in Anspruch nehmenden Zivilprozeß der Fall ist. Durch den erhöhten Versicherungsschutz ist gewährleistet, daß den Betroffenen rasch und zunächst ohne Erfordernis der Beschreitung des Rechtsweges eine finanzielle Unterstützung zuteil wird. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, weshalb eine derartige Regelung gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot verstoßen sollte.
Indem durch §164 Abs1 LuftFG die Verpflichtung zur Fluggast-Unfallversicherung auch auf "private" Halter eines Luftfahrzeuges ausgedehnt wurde, hat der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, daß nunmehr auch dann, wenn sich Flugunfälle im nichtgewerblichen Luftverkehr ereignen, die betroffenen Fluggäste (bzw deren Angehörige) mit einer - von der Abwicklung eines Schadenersatzprozesses unabhängigen - Soforthilfe rechnen können.
Der mit der Versicherungspflicht verbundene Eingriff in das Eigentumsrecht ist nicht unverhältnismäßig, weil die mit der Kostenbelastung verbundenen Beschränkungen des Vermögens der Antragstellerinnen mit einem Betrag von S 2.100,-- jährlich je Sitz nicht unangemessen sind.
Die durch §164 Abs1 zweiter Satz LuftFG normierte Ausnahme von der Verpflichtung des Halters zum Abschluß einer Fluggast-Unfallversicherung soll nach der Intention des Gesetzgebers in jenen Fällen Platz greifen, in denen eine solche Verpflichtung als nicht angemessen zu qualifizieren wäre. Kriterien sind hiebei die Unentgeltlichkeit des Fluges und dessen Abhaltung "im Rahmen des Flugsports". Unter diese Wendung sind - in restriktiver Interpretation - nur jene Fälle zu subsumieren, "in denen sich der Fluggast bewußt ist, daß er auf Grund der im sportlichen Wettkampf zu erzielenden Leistungen ein über das normale Maß hinausgehendes Risiko auf sich nimmt". Die beanstandete Bestimmung ist somit einer Auslegung zugänglich und verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B-VG.
Schlagworte
Determinierungsgebot, Luftfahrt, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G58.1998Dokumentnummer
JFR_09989381_98G00058_01