TE Vfgh Erkenntnis 2005/6/22 B553/04

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Veröffentlicht am 22.06.2005
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Vorarlberg ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.556,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Gegenstand des vorliegenden grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ist der Eigentumserwerb an einem näher bezeichneten Grundstück durch die Beschwerdeführer.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 15. März 2004 wurde diesem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Begründend wird ausgeführt, dass die gemäß §5 Abs1 lita iVm Abs2 litd des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 29/2000, geforderte Selbstbewirtschaftung im Rahmen eines bäuerlichen Betriebes längerfristig nicht gesichert sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. 1. Mit Erkenntnis vom 8. Juni 2005, G159/04 ua., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass §5 Abs2 litd des Vorarlberger Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (Grundverkehrsgesetz), Anlage zur Neukundmachung der Landesregierung, Vorarlberger LGBl. 29/2000, verfassungswidrig war.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Grundsätzlich das Gleiche gilt, wenn der Gerichtshof nach Abs4 dieses Artikels ausgesprochen hat, dass ein Gesetz verfassungswidrig war (vgl. VfGH 27.11.1995, B314/95; 8.10.2003, B1897/02).

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).

Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 8. Juni 2005 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 30. April 2004 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von @ 180,--, Umsatzsteuer in Höhe von € 396,-- sowie der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr in Höhe von € 180,-- enthalten.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B553.2004

Dokumentnummer

JFT_09949378_04B00553_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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