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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.142,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Vertrag vom 6./13. März 2003 verkaufte die Beschwerdeführerin ein näher bezeichnetes Grundstück an die mitbeteiligte Partei.
Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung versagte diesem Rechtserwerb mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 15. September 2003 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung, weil die gemäß §4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 geforderte Selbstbewirtschaftung durch den Erwerber nicht gewährleistet sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen (§4 Abs2 Z2, Abs3 und Abs4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. 1. Mit Erkenntnis vom 8. Juni 2005, G163,164/04, hat der Verfassungsgerichtshof im Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken in Oberösterreich (Oberösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1994), LGBl. 88, die Wortfolge "und der Rechtserwerber glaubhaft macht, dass er das zu erwerbende Grundstück selbst ordnungsgemäß bewirtschaften wird" in §4 Abs2 sowie §4 Abs3 und Abs4 als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannten Normen bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätten.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 8. Juni 2005 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 3. Dezember 2003 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- sowie der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr in Höhe von € 180,-- enthalten.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1669.2003Dokumentnummer
JFT_09949378_03B01669_00