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E000 EU- Recht allgemeinNorm
11992E055 EGV Art55;Rechtssatz
Betrachtet man die vom österreichischen Notar ausgeübten Tätigkeitsbereiche vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH im Fall Reyners gegen Belgien, Rs 2/74, so ist vorweg festzuhalten, dass der Begriff "öffentliche Gewalt" keine nähere Definition im EGV (nunmehr EG) oder auch im EWR-Abkommen findet. Es ist daher davon auszugehen, dass bei der Interpretation dieses Begriffes auf das nationale Recht zurückverwiesen wird (vgl. dazu Umlauft, Die Entwicklung des Notariats in Europa, NZ 1994, 176). Im Bereich der Tätigkeiten des Notars nach § 1 Abs. 1 und 2 NO ist dieser nach innerstaatlichem Rechtsverständnis in Ausübung der öffentlichen Gewalt tätig (vgl. dazu auch die Bestimmung des § 1 Abs. 3 NO). Auf diese Tätigkeitsbereiche ist daher die Ausnahmebestimmung des Art. 55 (nunmehr: Art. 45) EGV anzuwenden; sie sind dem Grundsatz der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit entzogen und unterliegen nur der nationalen Gesetzgebung (vgl. u.a. Schweitzer,
Die Rolle der Notare und Notariatskammern in der EG, NZ 1989, 170;
Isak-Loibl, Österreich und die EG: Freie Niederlassung und Dienstleistungsfreiheit der freien Berufe unter besonderer Berücksichtigung des Berufsstandes des Notars, NZ 1989, 183 ff;
Urlesberger, Perspektiven für freie Berufe in liberalisierten Märkten, NZ 1991, 263; Jirovec-Prayer, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Notare im EWR, ecolex 1993, 648;
Umlauft, aaO). Anders fällt die Betrachtung des Tätigkeitsbereiches des § 5 NO aus, wird der Notar doch hier nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt tätig. Dieser Tätigkeitsbereich unterliegt daher dem Grundsatz der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit.
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 öffentliche GewaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997191666.X04Im RIS seit
09.11.2001Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011