Index
L5 KulturrechtNorm
B-VG Art12Leitsatz
Zurückweisung der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung von grundsatzgesetzlichen Bestimmungen des Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG mangels Präjudizialität; Zulässigkeit der Eventualanträge; keine Bedenken gegen die Regelung des Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG betreffend eine Kostenbeteiligung anderer Gebietskörperschaften für sprengelfremden Schulbesuch; kein Widerspruch zum F-VG 1948; Aufhebung von Bestimmungen des Oö PflichtschulorganisationsG 1992 betreffend Gastschulbeiträge für Schüler einer allgemein bildenden Pflichtschule in einem fremden Schulsprengel wegen Widerspruchs zum Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzGRechtssatz
Zurückweisung der Anträge des VwGH auf Aufhebung des §8 Abs2 dritter Satz des Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG, BGBl 163/1955 idF BGBl 771/1996, mangels Präjudizialität.
Bei der Vorschreibung von Gastschulbeiträgen - und bei deren Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof - sind nur die landes(ausführungs)gesetzlichen Regelungen anzuwenden:
Grundsatzgesetzliche Regelungen sind an den Ausführungsgesetzgeber adressiert, und erst die Bestimmungen des Ausführungsgesetzes werden von den Vollzugsbehörden und damit auch vom Verwaltungsgerichtshof angewandt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, er habe auch die Grundsatzbestimmung anzuwenden, wenn sich ihm die Frage der Verfassungsmäßigkeit jener bundesgesetzlichen Grundsatzbestimmung stellt, auf deren Ermächtigung die anzuwendende landesgesetzliche Regelung beruht, ist denkunmöglich (VfSlg 15576/1999).
Zulässigkeit der Eventualanträge auf Aufhebung (von Teilen) des §53 Abs2 Oö PflichtschulorganisationsG 1992.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §8 Abs2 dritter Satz Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG.
Angesichts des Spielraums für den Landesausführungsgesetzgeber, Kostenbeteiligungsregelungen anderer Gebietskörperschaften für sprengelfremden Schulbesuch vorzusehen, hegt der Verfassungsgerichtshof nicht das Bedenken, dass durch §8 Abs2 dritter Satz Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG - über die Aufstellung von Grundsätzen hinaus - dem Landesgesetzgeber vorbehaltene Einzelregelungen getroffen wurden. Vielmehr handelt es sich - soweit der Spielraum des Landesausführungsgesetzgebers eingeschränkt wird - um Fragen, die angesichts ihrer grundsätzlichen Bedeutung einer bundeseinheitlichen Regelung bedürfen (vgl VfSlg 2087/1951): §8 Abs2 ist die (wie die Anlassfälle der Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zeigen: notwendige) einheitliche Grundlage auch bundesländerübergreifender Kostentragungsregelungen.
Kein Widerspruch zu §2 F-VG 1948.
Durch §8 Abs2 Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG wird - in Abweichung von dem Grundsatz des §2 F-VG, dass die Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, selbst tragen - "anderes bestimmt", indem der Bundes(grundsatz)gesetzgeber als zuständiger Gesetzgeber iSd §2 F-VG den Landesausführungsgesetzgeber ermächtigt, bundesländerübergreifende Kostenüberwälzungen auf Gebietskörperschaften vorzusehen, die nicht gesetzlicher Schulerhalter im Sinne des §4 Oö PflichtschulorganisationsG 1992 (und damit Aufgabenträger im Sinne des §2 F-VG) sind.
Aufhebung des §53 Abs2 des Oö PflichtschulorganisationsG 1992, LGBl 35 idF LGBl 1/1995.
Gemäß §53 Abs1 Oö PflichtschulorganisationsG 1992 sind Gastschulbeiträge Beiträge von Gebietskörperschaften, die iSd Abs2 und Abs3 an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligt sind, ohne dass ihr Gebiet zum Schulsprengel dieser Pflichtschule gehört. Dieser Begriff der "Beteiligung" entspricht jedoch nicht jenem des §8 Abs2 erster Satz Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG, da der Begriff der "Beteiligung" in einer besonderen (eingeengten) Bedeutung in der Richtung zu verstehen ist, dass es sich jedenfalls um eine unmittelbare Beziehung der Gebietskörperschaft zur öffentlichen Pflichtschule handeln muss.
§8 Abs2 dritter Satz, dritter Tatbestand, Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG ermöglicht, einer nicht an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaft Umlagen oder Schulerhaltungsbeiträge dann vorzuschreiben, wenn Schulpflichtige, deren Wohnsitz außerhalb des Schulsprengels gelegen ist, mit Zustimmung des Schulerhalters der sprengelmäßig zuständigen Schule eine sprengelfremde Schule besuchen.
Der Landesausführungsgesetzgeber ist zwar frei, diesen Tatbestand als Anknüpfungspunkt für Schulerhaltungsbeiträge zu wählen, muss sich aber an dessen Voraussetzungen halten. Eine dieser Voraussetzungen ist die Zustimmung des Schulerhalters der sprengelmäßig zuständigen Schule. Auf die Normierung dieser Voraussetzung darf (und muss) der Landesausführungsgesetzgeber nicht generell, sondern nur dann verzichten, wenn einer der Fälle des §8 Abs2 dritter Satz Z1 oder Z2 vorliegt (Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf; vom Besuch einer Schule ausgeschlossene Schüler).
Soweit §53 Abs2 Oö PflichtschulorganisationsG 1992 die Vorschreibung von Gastschulbeiträgen für Schulpflichtige, deren Wohnsitz außerhalb des Schulsprengels gelegen ist, und die auch ohne Zustimmung des Schulerhalters der sprengelmäßig zuständigen Schule eine sprengelfremde Schule besuchen, ermöglicht, ohne dass die Fälle des §8 Abs2 dritter Satz Z1 oder Z2 Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG vorliegen, hat der Landesgesetzgeber eine dem §8 Abs2 dritter Satz leg cit widersprechende Regelung erlassen.
Aufhebung des §53 Abs2 zur Gänze im Hinblick auf die untrennbare Einheit dieser Bestimmung.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Finanzverfassung, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Schulen, Pflichtschulen, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G86.1999Dokumentnummer
JFR_09989371_99G00086_01