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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Entnahme eines Originaltestamentes aus einem Verlassenschaftsakt; keine schwerwiegenden Vollzugsfehler, keine Willkür, keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; keine überlange Verfahrensdauer, keine verfassungswidrige Ablehnung eines BeweisantragesRechtssatz
Die belangte Behörde ist in einem - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht zu beanstandenden Beweisverfahren zu dem Beweisergebnis gelangt, daß der erkennende Richter die Entnahme des Originaltestamentes bis zuletzt verweigert hatte (dieser Umstand wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten) und daß auch die Rechtshilferichterin und die Kanzleibedienstete ihre Zustimmung dazu nicht erteilt hatten.
Keine Verletzung des Parteiengehörs durch behauptete Unterlassung der Auseinandersetzung mit einem bestimmten Vorbringen.
Im Lichte der sich aus §68 AußStrG und §169, §170 Geo ergebenden Rechtslage, deren hier maßgeblicher Inhalt damit zusammenzufassen ist, daß den Parteien und deren Vertretern im zivilgerichtlichen Verfahren niemals Akten ausgehändigt werden, daß aber der Akt (ausnahmsweise) einem dem Gericht als verläßlich bekannten Sachverständigen anvertraut werden kann, erweist sich die vom Beschwerdeführer vorgetragene Rechtsansicht, wonach ein Rechtsanwalt auch ohne richterliche Zustimmung berechtigt sei, eine im Akt erliegende (vom Prozeßgegner vorgelegte) Originalurkunde an sich zu nehmen - sei es auch um sie in der Folge einem Sachverständigen zuzuleiten - als nicht geeignet, eine willkürliche Gesetzesanwendung der belangten Behörde darzutun.
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch behauptete Verweigerung einer Sachentscheidung infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Das Verfahren vor den Disziplinarbehörden der Rechtsanwälte hat die Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" im Sinne des Art6 EMRK zum Gegenstand.
Der Verfassungsgerichtshof erblickt - angesichts der Umstände des Falles - in der Dauer des Verfahrens keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren innerhalb angemessener Frist im Sinne des Art6 Abs1 EMRK, zumal das Berufungserkenntnis der OBDK am 13.09.99 verkündet wurde, somit nach einer Verfahrensdauer von knapp 3 Jahren.
Der belangten Behörde, die mit der Ablehnung der Einvernahme eines Zeugen ihr Ermessen zur Beurteilung der Entscheidungsrelevanz der Beweisaufnahme geübt hat, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten (vgl. EGMR 6.9.1995, Fall Stadler, Z23194/94, EGMR 27.11.1996, Fall Lods, Z31199/96).
Schlagworte
Rechtsanwälte Disziplinarrecht, Parteiengehör, ZivilprozeßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B113.2000Dokumentnummer
JFR_09989075_00B00113_01