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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Keine gehörige Kundmachung einer Verordnung über Offenhaltezeit und Dienstbereitschaft einer öffentlichen Apotheke durch individuelle Übermittlung des Verordnungstextes an ausgewählte Empfänger; Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen über Betriebszeiten einer Apotheke im Apothekengesetz mangels Darlegung eines unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers; Zuspruch der Hälfte der NormalkostenRechtssatz
Es ist offenkundig, daß der Antragsteller vom letzten Absatz der angefochtenen Verordnung - in dem ua die Dienstbereitschaft der vom Antragsteller betriebenen Apotheke in Matrei a.Br. geregelt wird - unmittelbar betroffen ist und ihm kein anderer zumutbarer Weg offensteht, seine Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Hinsichtlich der ersten beiden Absätze der Verordnung, die ausschließlich die Offenhaltezeit der öffentlichen Apotheke in Steinach a.Br. regeln, bringt der Antragsteller eine unmittelbare Betroffenheit nicht vor und ist eine solche auch nicht ersichtlich. Der Antrag ist insoweit unzulässig.
Die Verordnung der BH Innsbruck vom 27.09.78, Zl 7-21880/78, über die Offenhaltezeit und die Dienstbereitschaft der öffentlichen Apotheke in Steinach a.Br. wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Zum Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Verordnung bestand keine gesetzliche Vorschrift, die die Kundmachung von Verordnungen nach dem ApothekenG im allgemeinen bzw von solchen nach §8 leg cit im besonderen regelte.
Der Text der Verordnung wurde der damaligen Inhaberin der öffentlichen Apotheke in Steinach a.Br., der Österreichischen Apothekerkammer, der Kammer für Arbeiter und Angestellte, der Gesundheitsabteilung der BH Innsbruck und dem Amt der Tiroler Landesregierung zugestellt.
Diese Vorgangsweise führt zwar dazu, daß die Verordnung in rechtliche Existenz getreten ist (vgl zB VfSlg 10602/1985, 12744/1991), jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gehörige Kundmachung nicht entspricht. Die individuelle Übermittlung des Verordnungstexts an ausgewählte Empfänger ist mit dem Wesen der Kundmachung einer generellen Norm nicht vereinbar (vgl VfSlg 10602/1985), zumal die im vorliegenden Fall gewählte Vorgangsweise auch nicht geeignet war, alle Normadressaten vom Inhalt der Verordnung in Kenntnis zu setzen.
Aufhebung der ganzen Verordnung infolge gesetzwidriger Kundmachung; kein Fall des Art139 Abs3 dritter Satz B-VG.
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §8 Abs3, in eventu Abs2 und Abs5 ApothekenG.
Da es dem Antragsteller durch §8 Abs3 ApothekenG freigestellt wird, in dringenden Fällen entweder selbst rasch erreichbar zu sein oder dafür zu sorgen, daß den Ärzten des Standortes die erforderlichen gebrauchsfertigen Arzneimittel zugänglich sind, geht sein Vorbringen insofern ins Leere, als er nicht einmal behauptet, auch durch die zweite Alternative unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen zu sein.
Der Antragsteller hat auch nicht dargetan, inwieweit durch die in eventu angefochtenen Gesetzesbestimmungen unmittelbar in seine Rechte eingegriffen werde.
Da der Antragsteller unter einem sowohl einen auf Art139 B-VG als auch einen auf Art140 B-VG gestützten Antrag gestellt hat, jedoch nur mit ersterem erfolgreich war, war ihm als Aufwandersatz bloß die Hälfte der Normalkosten zuzusprechen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Apotheken, Öffnungszeiten (Apotheken), Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Kosten, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V99.1999Dokumentnummer
JFR_09989075_99V00099_01