RS Vfgh 2001/9/29 B611/00

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Veröffentlicht am 29.09.2001
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Index

10 Verfassungsrecht
10/05 Bezüge, Unvereinbarkeit

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
EMRK 1. ZP Art1
BezügeG 1972 §24
BezügeG 1972 §27

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der Neuregelung des Pensionsanfallsalters bei Nationalratsabgeordneten im Zuge des "Privilegienabbaus"; keine Verletzung des Vertrauensschutzes; ausreichende Übergangsregelung sowie Abfederung der finanziellen Auswirkungen durch eine einmalige Entschädigung; keine Vergleichbarkeit mit anderen Pensionssystemen

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen §27 Abs1 und Abs3 BezügeG idF BGBl 19/1995 (Neuregelung des Pensionsanfallsalters für Abgeordnete) sowie gegen die Übergangsbestimmung des §27 Abs3 Z2 litd BezügeG; keine Verletzung des Vertrauensschutzes.

Die von der Beschwerdeführerin als verfassungswidrig erachteten gesetzlichen Bestimmungen sind Teil eines Regelungskomplexes, der insgesamt das Ziel verfolgt, das Pensionsrecht der obersten Organe iS eines Abbaues besonders begünstigender Vorschriften neu zu ordnen ("Privilegienabbaubestimmungen für oberste Organe"). Im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzungen dieser Art sind vor allem wegen der besonderen demokratiepolitischen Bedeutung der Frage der Höhe von Politikerbezügen grundsätzlich geeignet, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen (vgl VfSlg 14846/1997).

In Fällen der vorliegenden Art hatten die Betroffenen rund 5 Jahre Zeit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen.

Bei der in Rede stehenden Rechtsänderung geht es nicht um den Entzug oder die Kürzung von Pensionsansprüchen, sondern lediglich um die Beseitigung ihres atypisch frühen Anfalles.

Gemäß §14 Abs2 iVm §47c, §49e und §49j BezügeG steht den danach in Betracht kommenden Abgeordneten nach ihrem Ausscheiden aus dem Nationalrat eine einmalige Entschädigung zu. Damit soll in erster Linie die zeitliche Möglichkeit eröffnet werden, nach dem Ausscheiden aus der (politischen) Funktion eine anderweitige Beschäftigung zu suchen. In Fällen der hier in Rede stehenden Art mildert sie aber auch die mit der Neuregelung des Pensionsanfallsalters verbundenen nachteiligen Auswirkungen.

Es ist von vornherein in besonderem Maße ungewiss, ob die Mandatsausübung bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsanfallsalters währt.

Bei dem im BezügeG geregelten Pensionssystem - so wie bei dem der (Bundes-)Beamten, dem es erkennbar nachgebildet ist - und anderen Systemen dieser Art, im Besonderen dem der Sozialversicherung, handelt es sich um tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete, sodass ein Vergleich zwischen den diese Rechtsgebiete regelnden Vorschriften nicht gezogen werden kann. Was den Vergleich mit dem Beamtenpensionsrecht anlangt, so kann von einer Diskriminierung allein deshalb keine Rede sein, weil die kritisierten Regelungen gerade eine (punktuelle) Angleichung der (vordem günstigeren) bezügerechtlichen Vorschriften an jene des PensionsG vorsehen.

Keine Bedenken auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums, wiewohl der Anspruch ebenso wie die Anwartschaft auf Ruhebezug iSd §24 des BezügeG, insoferne ihnen eine Gegenleistung - insbesondere nämlich die von der/von dem Abgeordneten geleisteten Pensionsbeiträge - gegenübersteht, ungeachtet ihres öffentlich-rechtlichen Charakters vom Eigentumsschutz des Art1 des

1. ZP EMRK umfasst sein könnte (vgl VfSlg 15448/1999, 15129/1998).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bezüge für Mandatare, Dienstrecht, Ruhegenuß, Übergangsbestimmung, Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Vertrauensschutz, Pensionsalter, Pensionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B611.2000

Dokumentnummer

JFR_09989071_00B00611_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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