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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit durch Werbeverbote für Ärzte betreffend Preisnennungen und Verbreitung von Flugblättern und Postwurfsendungen; Rechtfertigung durch öffentliches Interesse am Schutz der Gesundheit; Beeinträchtigung des ärztlichen Standesansehens durch aufdringliche WerbungRechtssatz
Keine Gesetzwidrigkeit von Art3 litd erster Halbsatz und lith der Richtlinie der Österreichischen Ärztekammer "Arzt und Öffentlichkeit" vom 25.03.98.
Verbot der ärztlichen Selbstanpreisung in Art3 lite der Richtlinie gesetzlich gedeckt (siehe Vorjudikatur).
Bei der Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz ist in hohem Ausmaß notwendig, die besonderen Verhältnisse des Patienten zu berücksichtigen, um insbesondere allfällige langwierige, kostenintensive Nachbehandlungen zu vermeiden.
Bei ärztlichen Leistungen ist eine Einschränkung des Wettbewerbs - insoweit sich dies durch die Einschränkung der Werbemöglichkeiten betreffend die Preise für zahnärztliche Leistungen ergibt (die Zulässigkeit individueller Preisinformationen, etwa in Form der Erstellung von Kostenvoranschlägen, ist davon nicht berührt) - im öffentlichen Interesse des Schutzes der Gesundheit gelegen. Angesichts des Risikos, daß ein Preiswettbewerb zu geringerer Qualität der ärztlichen Leistungen führen kann, ist die Beschränkung des Art3 litd erster Halbsatz der Richtlinie zur Erreichung dieses Zieles auch erforderlich.
Die Grenze zwischen Information und Werbung ist fließend.
§53 ÄrzteG 1998 ermöglicht es dem Arzt, sachliche Informationen an die Bevölkerung zu "bringen", die - wie etwa Öffnungszeiten der Praxis - von allgemeinem Interesse sind. Da solche Informationen nicht unter die Werbebeschränkung des §53 ÄrzteG 1998 fallen, sind sie auch vom Verbot der Verteilung von Flugblättern und Postwurfsendungen des Art3 lith der Richtlinie nicht erfaßt.
Flugblätter und Postwurfsendungen an alle Haushalte, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten Informationsbedürfnis stehen und somit "Werbung" iSd §53 ÄrzteG 1998 beinhalten - etwa mit Preislisten und Rabattangeboten für ärztliche Leistungen - können aber das Standesansehen der Ärzteschaft schon allein dadurch beeinträchtigen, daß - den durchschnittlichen Erfahrungen entsprechend - der Eindruck entsteht, der "informierende Arzt" dränge sich auf.
Die im Antrag erwähnte Zulässigkeit der Einrichtung einer Homepage im Internet ist mit einer großflächigen Verteilung von Flugblättern oder Postwurfsendungen schon deshalb nicht vergleichbar, weil ein Interessent von sich aus tätig werden muß, um die auf einer Homepage befindlichen Informationen zu erhalten.
Aufdringliche Werbung beeinträchtigt daher das Standesansehen eines Arztes und ein entsprechendes Verbot ist von Art10 Abs2 EMRK gedeckt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Ärzte, Disziplinarrecht, Meinungsäußerungsfreiheit, WerbungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V56.2000Dokumentnummer
JFR_09988999_00V00056_01