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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Zulässigkeit des Antrags des Verwaltungsgerichtshofs auf Feststellungder Gesetzwidrigkeit der Satzung der Versorgungseinrichtung einerRechtsanwaltskammer; denkmögliche Annahme der Präjudizialitätaufgrund denkmöglicher Auslegung des zeitlichen Anwendungsbereichsder betreffenden Norm; keine gesetzliche Grundlage der Möglichkeiteiner freiwilligen Weiterversicherung auch bei Ausscheiden aus derListe der Rechtsanwaltskammer infolge gesetzlicher Beschränkung desKreises der anspruchsberechtigten Personen auf eingetrageneRechtsanwälte bzw deren HinterbliebeneRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des Verwaltungsgerichtshofes auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des §13a der Satzung der Versorgungseinrichtung der Oö Rechtsanwaltskammer (nach Ablehnung und Abtretung der dem Anlaßverfahren zugrundeliegenden Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof).
Denkmögliche Annahme der Präjudizialität, untrennbarer Zusammenhang der Absätze 1 bis 5 der Satzung.
Die Frage, welches Recht konkret für die Beurteilung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides anzuwenden ist, stellt eine Auslegungsfrage jener Bestimmungen dar, die den zeitlichen Anwendungsbereich der betreffenden Norm zum Gegenstand haben (VwSlg. 9315 A/1977 - verstärkter Senat; vgl. weiters VwSlg. 12280 A/1986 und VwGH 26.2.1987, Zl. 86/08/0115). Daraus ergibt sich für die Frage der Präjudizialität der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Verordnungsbestimmung, daß die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung des Entstehens der Pensionsanwartschaft die für diesen Zeitpunkt der Antragstellung auf freiwillige Weiterversicherung (und danach) in Geltung stehende Bestimmung des §13a der Satzung 1974 herangezogen hat, kann nicht gefunden werden, daß die Präjudizialität dieser Bestimmung denkunmöglich bejaht wurde.
Verordnungscharakter der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer f Oö.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind auch Organe der Selbstverwaltungskörper zur Erlassung von Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" iS des Art18 Abs2 B-VG befugt (vgl. VfSlg. 3993/1961, 4886/1964, 13464/1993; explizit ablehnend zum Gedanken eines "gelockerten Legalitätsprinzipes" für autonome Satzungen bereits VfSlg. 7903/1976).
Gesetzwidrigkeit des §13a der Satzung der Versorgungseinrichtung der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, beschlossen von der außerordentlichen Vollversammlung der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer am 29.06.74 idF des Beschlusses vom 23.11.85
Frage der Zeitbezogenheit der geprüften Regelung ohne Relevanz; keine gesetzliche Grundlage sowohl vor der Novelle BGBl 21/1993 als auch nachher.
Aufgrund des eindeutigen Wortlautes des verfassungsrechtlich unbedenklichen §50 Abs2 Z1 RAO (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 12739/1991 oder VwGH 6.7.1999, Zl. 99/10/0104), welcher den Kreis der anspruchsberechtigten Personen unmißverständlich auf Rechtsanwälte, die zur Zeit des Eintritts des Versorgungsfalles in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sind bzw. auf die Hinterbliebenen eines Rechtsanwaltes, der im Zeitpunkt seines Todes in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen war oder einen Anspruch auf Versorgungsleistung gehabt hat beschränkt, steht die in §13a der Satzung 1974 mit dem Institut der freiwilligen Weiterversicherung vorgesehene Möglichkeit in Widerspruch, die Anwartschaft auf Versorgungsgenüsse auch bei Ausscheiden aus der Liste der Rechtsanwaltskammer aufrechtzuerhalten, weil damit Pensionsansprüche aus der Satzung der Versorgungseinrichtung für jene (ehemaligen) Rechtsanwälte geschaffen werden, die zum maßgebenden Zeitpunkt bereits aus der Kammer ausgeschieden sind.
Keine Änderung der Rechtslage durch die Einführung des §50 Abs3 RAO mit BGBl 21/1993.
Die mit dieser Bestimmung eingeführte Ermächtigung für die Satzung, "für den Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen" festzusetzen, ermächtigt einerseits nicht auch dazu, an die Stelle eines gesetzlichen Erfordernisses für einen Versorgungsanspruch (Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte) ein ganz anderes (nämlich eine Fortzahlung der Beiträge für Zeiten, während derer mangels Eintragung keine Kammerzugehörigkeit besteht) vorzusehen. Für jene Kammermitglieder, welche diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten, bewirkte die Satzung andererseits das Hinzutreten eines im Gesetz nicht vorgesehenen weiteren Erfordernisses der Anwartschaftserhaltung durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen während einer Unterbrechung der Kammermitgliedschaft, sodaß insoweit eine ungünstigere Regelung vorlag.
Schlagworte
Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Rechtsanwälte Versorgung, Selbstverwaltung, Verordnungsbegriff, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Prüfungsumfang, LegalitätsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V17.2000Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009